Unterwegs in der Herrschaft Gimborn-Neustadt

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Das Schloß Gimborn an der Gimbach

Aus der Erbmasse des aufzuteilenden Herzogtums Jülich Kleve Berg Mark und Ravensberg bedienten sich im Jahre 1609, als Johann Wilhelm I. , der letzte Sproß seines Hauses kinderlos und geistig umnachtet starb, die mächtigsten Nachbarn: Der Kurfürst von Brandenburg und der Pfalzgraf bei Rhein mit Ansprüchen aus zurückliegenden Verwandtschaften. So kam die alte Grafschaft Mark an Brandenburg, ein Gebiet, das mit dem Amt Neustadt weit ins heutige Oberbergische hineinragt, bzw. einen wesentlichen Teil desselben ausmacht. Immer hin lag auf diesem Territorium seit 1301 auch eine Stadt, gegründet von Graf Eberhard II. von der Mark, ein Vor- und Wachposten gegen seine Verwandten, die mächtigen Grafen von Berg: die Neyestadt – heute Bergneustadt.

Epitaph Adams von Schwarzenberg, Pfarrkirche Gimborn

Epitaph Adams von Schwarzenberg, Pfarrkirche Gimborn

Aus der benachbarten Herrschaft Gimborn stammte Graf Adam von Schwarzenberg, ein eifriger Parteigänger der brandenburgischen Sache. 1630 verlieh ihm Georg Wilhelm ob seiner Verdienste um den verstorbenen Kurfürsten Sigismund zu den früher überlassenen Kirchspielen Gummersbach und Müllenbach die Stadt Neustadt mit den Kirchspielen Wiedenest, Ründeroth und Lieberhausen, um sich des Amtes Neustadt und der Herrschaft Gimborn als einer freien Reichsherrschaft zu bedienen und dort als Landesherr zu walten und zu regieren.

Ein neuer Kleinstaat mitten im 30-jährigen Krieg

So war mitten im 30jährigen Krieg ein neuer Kleinstaat entstanden. Der gewandte und mächtige erste Minister seines Herrn in Berlin hatte sich aus dessen Besitz eine eigene Herrschaft herausgelöst. Sie blieb bis 1782 bei seinen Nachfahren, die sie nach ca. 150jähriger Herrschaft verkauften. Der nachfolgende Besitzer Reichsgraf Johann

Grenzpfahl der Herr-schaft Gimborn-Neustadt aus schwar-zenbergischer Zeit

Grenzpfahl der Herr-schaft Gimborn-Neustadt aus schwar-zenbergischer Zeit

Ludwig von Wallmoden-Gimborn hatte nur noch 24 Jahre Freude an seinem Besitz, denn dann machte Napoleon der deutschen Kleinstaaterei ein Ende. Er schenkte seinem Schwager Joachim Murat das Großherzogtum Berg, der bei der Inbesitznahme auch gleich alle kleinen Herren an den Grenzen entthronte. So verschwanden Gimborn-Neustadt, Sayn- Homburg und Wildenburg von der deutschen Landkarte.

Etliche Herren sind jetzt genannt, ihre Spuren haben sich mehr oder minder deutlich erhalten, sei es in Bauwerken, Grenzsteinen oder- pfählen, Namen, Wappen und Grabsteinen, nicht zuletzt in konfessionellen Grenzen, die heute, gottlob, nicht mehr so streng sind, wie sie früher waren. Die Pfälzer, insbesondere ihr bayerischer Zweig, waren katholisch, die Brandenburger Lutheraner, die Sayner Calvinisten und so ist die konfessionelle Karte im Oberbergischen gemischt. Stolz sind sie aber alle auf die schönen alten Kirchen, insbesondere auf die „Bonten Kerken“, jene gedrungenen Dorfkirchen um 1400, die noch ursprüngliche Bemalung zeigen.

Eine Rundfahrt

Schloß Gimborn von vorn

Schloß Gimborn von vorn

Beginnen wir die Tour in Gimborn im stillen Tal, wo der Gimbach am Schloß vorbeifließt, nochmals kräftig gespeist von einer Quelle, die am Schloß entspringt und dann in die Leppe mündet, in den fleißigsten Fluß des Landes, der diesen Titel trägt von den vielen Hammerwerken, die er einst mit seinem Wasser trieb. Stromabwärts zeugen davon noch die heutigen Eisenwerke, Nachfolger der früheren Schmieden. Stromaufwärts geht es vorbei an Hütte, ein vielsagender Ortsname im Land der kleinen Eisengruben. Und hier kann man sich entscheiden entweder zur Fahrt in die nahe Kreisstadt Gummersbach, erst 1857 Stadt geworden in der damaligen preußischen Rheinprovinz, oder nach Marienheide, der Gemeinde, die sich um eine Wallfahrtskirche bildete, erstgenannt 1417, heute noch von Pilgern besucht.

Und was ist aus der Neustadt geworden? Eine kleine Industriestadt mit sausendem Verkehr auf der Bundesstraße 55, die hier im Talgrund nach der Agger der Dörspe folgt. Aber oben, wo sich auf dem Sporn die Altstadtkirche erhebt, da ist auch das Areal der alten Fachwerkhäuser, der Gassen im Kopfsteinpflaster und des Heimathauses, eingezwängt in die spärlichen Reste der einstigen Wehrmauer. Stolz feiert sie in diesem Jahr ihre Gründung vor 700 Jahren (13. Mai 1301) – auch, dass sie heute nach vielen verheerenden Bränden noch existiert, wachsend und gedeihend. – A.R .