Westfälischer Friede und Wiedertäufer – Besuch des BGV Oberberg in Münster

Bei strahlend schönem Wetter machten sich 45 Mitglieder und Freunde des Bergischen Geschichtsvereins Oberberg am 28. Juli 2018 nach Münster auf, um gleich mehrerer Jahrestage zu gedenken. Vor 400 Jahren brach mit dem Prager Fenstersturz der Dreißigjährige Krieg aus, vor 370 Jahren wurde nach zähen Verhandlungen sein Ende mit dem Westfälischen Frieden besiegelt und vor 100 Jahren endete nach vier Jahren grausamer Gemetzel der Erste Weltkrieg.

Ankunft im LWL-Museum für Kunst und Kultur zum Besuch der beiden Ausstellungen

Aus diesem Anlass haben die beiden Städte des Westfälischen Friedens, Münster und Osnabrück, in diesem Jahr ein gemeinsames Projekt unter dem Titel  „Frieden. Von der Antike bis heute“ realisiert. Das LWL-Museum für Kunst und Kultur, das Stadtmuseum Münster, das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster, das Archäologische Museum der Westfälischen Wilhelms-Universität und das Bistum Münster zeigen noch bis Anfang September eigene Ausstellungen zu diesem Thema.

Die Reisegruppe besuchte zunächst die Ausstellung „Wege zum Frieden“ im LWL-Museum. Hier wurde der Frage nachgespürt, wie wird der Frieden, aber auch der Krieg mit seinen schrecklichen Erscheinungsformen in den verschiedenen Jahrhunderten künstlerisch verarbeitet. Hierzu gehören in der Ausstellung farbenprächtige und repräsentative Friedensallegorien, Pax (Frieden) und Justitia (Gerechtigkeit) werden als Gespann dargestellt, das gemeinsam die Dauerhaftigkeit des Friedens sichert und die Fackel des Krieges verlöschen lässt. Besonders eindrucksvoll erscheint die mittelalterliche Darstellung einer idealtypischen Stadtregierung aus Oberitalien, die das Zusammenwirken von positiven Eigenschaften wie Geduld, Entschlossenheit und Weisheit zur Grundlage für eine stabile Friedensordnung macht.

Verstörend und gleichzeitig zum Nachdenken zwingend sind die Kriegsbilder aus dem Ersten Weltkrieg. Hier wird der Krieg nicht mehr in martialischen Schlachtengemälden verherrlicht, die vom höheren Ruhm des Siegers künden sollen. Besonders das Bild „Flandern“ von Otto Dix zeigt in beklemmender Weise die Sinnlosigkeit und Ausweglosigkeit im Zeitalter moderner Massenvernichtungswaffen. Auch die Zeichnungen von Käthe Kollwitz und die Skulptur „Der Gestürzte“ von Wilhelm Lehmbruck verfehlen ihre Wirkung nicht. Die Statuen „Bürger von Calais“ von Auguste Rodin zeigen, wie stark die Menschenwürde im Krieg gedemütigt wird.

Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist der Westfälische Friede, der in mehrfacher Hinsicht Meilensteine gesetzt hat. Erstmals wurde ein großer europäischer Krieg nicht auf dem Schlachtfeld, sondern auf dem – oft sehr steinigen – Verhandlungsweg beendet. Um diesen Friedenskongress mit zeitweise über 100 Delegationen in Gang zu bringen und zum Ziel zu führen, war viel geduldige Pionierarbeit der beteiligten Diplomaten notwendig, besonders der Prinzipalgesandten Maximilian von Trautmannsdorff, Johann Adler Salvius und Abel Servien. Der venezianische Botschafter Contarini, der zusammen mit dem päpstlichen Nuntius Chigi als Vermittler mit viel Fingerspitzengefühl fungierte, sprach von einem „Weltwunder“, nachdem der Westfälische Friede wirklich in Kraft getreten war und auch weitgehend hielt. Seine Bestimmungen zum Religionsfrieden und zu den Rechten und Pflichten der Reichsstände prägten die weitere Geschichte des Alten Reiches bis zu seinem Ende.

Im gleichen Gebäude ist die Ausstellung „Friede auf Erden?“ des Bistums Münster untergebracht. Sie zeigt in Kunstwerken des Mittelalters und der Neuzeit, darunter auch Videoprojektionen („Schwerter zu Pflugscharen“), christliche Friedensideen und ihre Verwirklichung. Hier darf der Dompatron und Apostel Paulus nicht fehlen, der den Völkern mit dem Christentum auch den Frieden bringen wollte. Liturgische Gefäße stellen das Himmlische Jerusalem dar, den Sehnsuchtsort der Gläubigen. Dass es aber nicht immer friedlich blieb, zeigt u.a. die Geschichte der Kreuzzüge und Ketzerverfolgungen.

Stärkung nach dem Museumsbesuch

Im Alten Gasthaus Leve, das in seinen Anfängen auf das Jahr 1607 zurückgeht, konnten sich die Ausstellungsbesucher aus Oberberg bei Salaten und typisch westfälischen Gerichten (Zwiebelfleisch) stärken, bevor sie sich von zwei fachkundigen Führerinnen der StadtLupe Münster die wunderschöne Münsteraner Altstadt zeigen ließen. Von der von Johann Conrad Schlaun entworfenen Clemenskirche, die im typischen Zusammenspiel von rotem Backstein und Baumberger Sandstein erstrahlte, ging es am Erbdrostenhof vorbei zum Paulus-Dom mit seinen zahlreichen Domherren-Kapellen und der berühmten astronomischen Uhr aus dem späten 14. Jh.

Münsters dunkle Zeit, das anderthalbjährige Reich der Wiedertäufer 1534/35,  hat nicht nur hier, sondern in der ganzen Stadt Spuren hinterlassen, die aber heute nicht mehr leicht zu finden sind. Viele sakrale Kunstwerke fielen den Bilderstürmen zum Opfer, die Bücherverbrennung, von der nur die Bibel verschont blieb, vernichtete auch das gesamte Stadtarchiv. Die Kirchen wurden als Steinbrüche für die Verstärkung der Stadtmauern verwendet. Verständlich, dass der Fürstbischof Franz von Waldeck den Anführern Jan van Leiden, Bernd Knipperdollinck und Bernd Krechting gegenüber keine Gnade kannte und sie grausam zu Tode foltern ließ. Davon künden noch die Originalkäfige der Wiedertäufer am nicht mehr originalen Turm der Lamberti-Kirche.

Friedenssaal Rückwand

Ein Highlight der Stadtführung war der Besuch im Friedenssaal des Alten Rathauses, in dem zwar nicht der Westfälische Frieden unterzeichnet wurde, wohl aber mit der Beendigung des Achtzigjährigen Krieges zwischen Spanien und den Niederlanden deren Souveränität verwirklicht wurde. Die gesamte originale Holztäfelung und eingebaute Möblierung überstand, ausgelagert in Depots, die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und gab der Ratskammer schon 1948 zur 300-Jahr-Feier des Westfälischen Friedens ihr altes Erscheinungsbild zurück.

Der Ausflug nach Münster wurde auf der Rückfahrt mit einem gemeinsamen Kaffeetrinken in Davensberg bei Ascheberg beendet.

BGV-Gruppe vor Burgturm Davensberg

Der dortige Heimatverein betreut den noch erhaltenen Turm der Burg Davensberg, der Anfang des 16. Jh. erbaut wurde und heute ein kleines Heimatmuseum mit Folterkammer und Hexenstock enthält. Im Burgturm kann man sich auch trauen lassen. Seit dem 14. Jh.  im Besitz der Edelherren von Büren wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg stark zerstört und zerfiel in der Folgezeit.

Text: Harald Meißner, Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf, Klaus Kuthning