Ländliche Web- und Wohnkultur in der Gemeinde Reichshof – BGV-Stammtisch in Heischeid

Am 4. Mai 2019 besuchten 25 Mitglieder und Freunde des BGV Oberberg den in der Gemeinde Reichshof an der Wiehl-Talsperre gelegenen Ort Heischeid. Hier wohnen in einer beschaulichen land- und forstwirtschaftlich geprägten Gegend etwa 300 Einwohner. Das Dorf, schon im 15. Jh. erwähnt, wird von teilweise Jahrhunderte alten Fachwerkbauten geprägt.
Bevor die Gruppe das sog. Alte Haus an der Brüchermühler Straße besuchte, in dem die Pädagogin Jutta Ringsdorf die alte Kunst der Handweberei betreibt, ging es zunächst zur Fachwerk-Hofanlage der Familie Advena, die in ihren ältesten Teilen aus dem Jahr 1780 stammt.

Erläuterungen durch den Hausherrn

Michael Advena, Architekt und Amtsleiter bei der Gemeinde Engelskirchen, zeigte uns den fachgerecht restaurierten Bauernhof, in dessen Stallungen und Scheune zwar heute keine Rinder und Schweine mehr leben, sondern sich eher erholungssuchende Feriengäste in einer sorgsam hergerichteten Ferienwohnung wohlfühlen. Mit viel Liebe zum historischen Detail wurden Wohn- und Aufenthaltsräume gestaltet, aber auch moderner Komfort, wie z.B. eine Fußbodenheizung unter dicken Steinplatten, hat Einzug gehalten. Beeindruckend ist der uralte Gewölbekeller, eine ideale Lagerstätte für edle Tropfen. Vorbeikommende Wanderer grüßt ein Wegekreuz aus dem 19. Jahrhundert.
Jutta Ringsdorf hat den seltenen Beruf der Handweberin, der heute im Ausbildungsgang Textilgestaltung aufgegangen ist, in ihrer Jugend noch selbst gelernt. In ihrem Elternhaus, das um 1700 erbaut wurde und über Generationen Bäckerei, Gastwirtschaft und Unterkunft für Sommerfrischler war, hat sie, die heute im Hauptberuf die ev. Kindergärten des Kirchenkreises An der Agger betreut, zahlreiche Handwebstühle in allen Größen aufgestellt. Hier treffen sich regelmäßig Interessierte aus Ort und Umgebung, um diese alte Technik zu pflegen und nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Baumwolle und Leinen werden verarbeitet, man hat aber auch gute Kontakte zu Schafzüchtern, deren Tiere die Schurwolle liefern.

Komplizierter Beginn einer Webarbeit

Sehr zeitintensiv sind die Vorbereitungen für den Webprozess, in dem Wandteppiche, Tischdecken und -läufer, Schmuckbänder, Kissenbezüge, Untersetzer, Geschirrtücher usw. entstehen. Manchmal müssen bis zu 2.000 Fäden gespannt werden. Die entstandenen Produkte sind im Vergleich zu industriell hergestellter Massenware zwar sehr teuer, aber sie haben auch den Charme der Einzigartigkeit. Denn Frau Ringsdorf lässt ihrer Kreativität freien Lauf und experimentiert gern mit neuen Stoffen und Mustern.
Die Gastlichkeit im Alten Haus empfand auch die Besuchergruppe, die in gemütlicher Atmosphäre bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen die hier gewonnenen Eindrücke auf sich wirken liess. Für interessierte Personengruppen bietet Frau Ringsdorf auf Anfrage Schnupperveranstaltungen an. Früher diente die Weberei dem Broterwerb, heute hilft sie manchem, den Alltagsstress zu überwinden und das innere Gleichgewicht zu finden.
Text: Harald Meißner, Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf