Den Mantel teilen – Jahresabschluss des BGV Oberberg bei der AWO in Waldbröl

Zum Abschluss eines bewegten und abwechslungsreichen Jahres hatte der BGV Oberberg in das AWO-Heim in der Schladerner Straße in Waldbröl eingeladen, um an den 100. Jahrestag der Gründung der Arbeiterwohlfahrt im Dezember 1919 durch Marie Juchacz und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu erinnern. Fast 40 Mitglieder und Freunde des Vereins fanden sich hier am 16.11.2019 zu einem gemütlichen Kaffeetrinken ein und ließen die BGV-Veranstaltungen des letzten Jahres Revue passieren.

St. Martin – Soldat – Bischof – Kirchenpatron – der Heilige mit der Gans

Vorher aber hielt der Ehrenvorsitzende Dr. Alexander Rothkopf einen kenntnisreichen Vortrag über den Heiligen Martin von Tours und seine erstaunliche Breitenwirkung, die bis heute anhält. Im 4. Jahrhundert wirkte er richtungweisend am weiteren Weg der christlichen Kirche im Weströmischen und Fränkischen Reich mit. Er gilt als einer der Begründer des abendländischen Mönchtums. Als Bischof von Tours sorgte er, der – widerwillig – einen großen Teil seines Lebens im römischen Militär verbringen musste, in einer unruhigen Zeit für die Verbreitung der christlichen Botschaft von Nächstenliebe und partnerschaftlicher Fürsorge.
Die merowingischen Herrscher erhoben ihn zum fränkischen Schutzheiligen und führten seinen Mantel im Kronschatz mit sich. Frankreich und die Slowakei verehren ihn noch heute als Nationalheiligen, viele Städte führen St. Martin im Wappen, zahllose Kirchen und Gemeinden, auch evangelische, tragen seinen Namen. An die Lichterprozession, mit der sein Leichnam nach einem erfüllten Leben im November 397 nach Tours überführt wurde, erinnern noch heute die Laternenumzüge am 11. November, dem Tag seiner Beisetzung. Unter seinem Schutz stehen nicht nur Bettler und Arme, sondern auch Reisende.

Peter Ruland spricht zu 100 Jahren AWO

Mit der Armut im geschichtlichen Wandel befasste sich auch Peter Ruland in einem Überleitungsvortrag. Der Umgang mit Armen in der Antike, ihre Bedeutung für das Seelenheil der Wohlhabenden im christlichen Mittelalter, die Vernichtung der ständischen Gesellschaft in der Industriellen Revolution, die Verelendung und Entwurzelung großer Teile der arbeitenden Bevölkerung sind Wegmarken auf diesem oft finsteren Weg. Auch die staatliche Fürsorge im 19. Jh. führte eher zu einer Entmündigung armer Bevölkerungsschichten.

Wie ein kleiner Film über die Geschichte der AWO zeigte, beschritt die junge Weimarer Republik einen ganz anderen Weg. Um die soziale Lage nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg zu verbessern, gründete die SPD 1919 den „Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt“. Er sollte als Mittel zur Selbsthilfe vielen entwurzelten Kriegsteilnehmern und mittellosen Familien, die im Krieg ihren Ernährer verloren hatten, bei der Wiedereingliederung in ein ungewohntes Umfeld helfen. Es entstanden Nähstuben und Werkstätten, aber auch viele Beratungsstellen und Organisationen der Jugend- und Altenpflege. Ziel war es damals – und ist es bis heute geblieben –, sozial benachteiligte Menschen zu einem selbstbestimmten Leben zu befähigen. Heute umfasst die AWO 330.000 Mitglieder in mehr als 3.500 Ortsvereinen. Parteipolitisch und konfessionell ungebunden, wirkt sie heute mit den anderen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege maßgeblich an der Gestaltung der Sozialpolitik mit.

Der Vorsitzende beim Jahresrückblick

Der BGV-Vorsitzende Marcus Dräger wies in seinem Überblick zum Jahresabschluss noch einmal auf die Highlights des letzten Jahres hin. Hierzu gehörten neben den Stammtischen in heimatlichen Gefilden die teilweise mehrtägigen Exkursionen nach Weimar, Bad Arolsen, Garzweiler und Krefeld. In Zusammenarbeit mit dem Bergischen Regionalforstamt konnte in Gummersbach eine gutbesuchte Ausstellung über die Anfangszeit der Weimarer Republik gezeigt werden.
Und: Nach nur zweijähriger Vorbereitungszeit konnte der BGV Oberberg wieder einen neuen Band (mit der Glückszahl 13) seiner Reihe „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“ mit vielen interessanten Untersuchungen bergischer Historiker und Heimatforscher vorstellen, der über unsere Geschäftsstelle und den Oberbergischen Buchhandel bezogen werden kann.
Neben der Erstellung des Veranstaltungskalenders für 2020 ist ein weiteres Projekt für das nächste Jahr die Gründung eines neuen Arbeitskreises, der sich mit den Biographien bedeutender oberbergischer Persönlichkeiten befassen soll. Der Bergische Geschichtsverein lädt alle interessierten Mitglieder und Freunde ein, an diesem Projekt mitzuarbeiten und hier in gemütlicher Runde neue Kontakte zu knüpfen und (fast) vergessene Informationen wieder ans Tageslicht zu fördern.
Die Oberbergische Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins wünscht allen ihren Mitgliedern, Freunden und Förderern eine besinnliche Adventszeit und einen guten Übergang ins Neue Jahr 2020 mit vielen neuen Erlebnissen und Erkenntnissen.
Text: Harald Meißner, Fotos: Julian Rothkopf

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