BGV- Oberberg aktiv trotz Corona Zeiten VI

Die Fragen zu Straßennamen, gegebenenfalls deren Umbenennung, hat auch die lokale Presse angeregt, die dazu schon Historiker und Germanisten befragt hat bezüglich der Kölner Verhältnisse.
Auch für unseren Oberbergischen Bereich ist eine solche Betrachtung interessant, da die Auswahl der Namen mehr aussagt als nur eine Ansammlung von historischen Persönlichkeiten. Sie spiegelt auch den jeweiligen Zeitgeist, der seine Idole und Ikonen auf diese Weise verehrt oder seine Interessen bekundet. Dabei ist einmal interessant, wer genannt wurde, wer nicht genannt wurde, wessen Name schon wieder verschwunden ist oder ob auch andere Kriterien jenseits von Personen, bestimmten Gruppen und Interessen zugeordnet werden können.
Vergangene Epochen haben ihre Würdigung gefunden, womit Städte und Gemeinden gerne ihr Alter dokumentieren, das alleine schon für Würde, Vorrang oder Privilegien sprechen sollte. So zählen die Kölner alle Völkerschaften auf seit den Ubiern, die sie besiedelten oder regierten. Zwei Städte in Oberberg können ihren Stadtgründer nennen, dem sie natürlich auch eine Straße widmen: Bergneustadt und Wipperfürth.
Der jetzige Oberbergischen Kreis stellt seit 1975 eine Zusammenfügung unterschiedlicher Territorien dar, die durchaus auch konfessionell oder gewerblich differieren, am ehesten einigt sie noch die hügelige, waldige Landschaft und die Wasserwirtschaft mit Talsperren – früher auch die Verkehrsverbindungen mit der Eisenbahn. Für eine Römerstraße gab es hier ebenso wenig Beweise wie für ein „Römerlager“ auf der Zinne in der Aggertalsperre.
Das deutsche Kaiserreich 1871-1918 hat gerne den Namen Kaiser- oder Wilhelmstraße installiert als Ergebenheits-Adresse an das regierende Haus Hohenzollern und nicht überall war man gleich kaisertreu in Oberberg, aber Gummersbach und Waldbröl glänzen darin. Die Weimarer Republik hat kaum Spuren hinterlassen, hierzu entdecken wir die Namen Friedrich Ebert und Hindenburg, den 1. und 2. Reichspräsidenten, Maria Juchacz, die erste Frau im Reichstag.
Bezeichnenderweise haben die Religionsgemeinschaften ihre Ikonen geehrt, Gustav Adolph, König von Schweden, Vorkämpfer für die Protestanten im 30-jährigen Krieg oder Martin Luther, den Reformator. Verehrte katholische Geistliche erhalten ein Gedächtnis unter ihrem Amt: Pfarrer, Dechant oder Bischof. An Heilige wird in katholischen Regionen erinnert von St. Engelbertus über Hubertus bis Borromäus und Don Bosco. Evangelische Pfarrer werden auch in Ehren gehalten mit Vor- und Familiennamen.
Deutschland als das Land der Dichter und Denker, als Heimstatt von Kunst und Wissenschaft, hat häufig ganze Viertel nach Künstlern und Gelehrten bezeichnet, sei es das Musikerviertel, das Dichterviertel oder das Wissenschaftlerviertel. Auch in Dieringhausen wird eines berühmten Mediziners und Wissenschaftlers gedacht, der nicht nur als Augen- und HNO-Arzt und mit seinen Forschungsarbeiten weit über das Oberbergische Land hinaus gewirkt hat, sondern auch als Vorsitzender  des Gemeinnützigen Vereins Dieringhausen die sozialen Bedürfnisse seiner Mitmenschen immer fest  im Auge hatte. Schon zu seinen Lebzeiten wurde die Gartenstraße in Dieringhausen in Richard-Sondermann-Straße umbenannt.

Auffallend sind auch Straßennamen mit Städten aus Ostdeutschland, wo sich nach dem Zweiten Weltkrieg Vertriebene angesiedelt haben. Drabenderhöhe als Siedlung der Siebenbürger erinnert mit zahlreichen Namen an Städte und Provinzen der alten Heimat in Rumänien.
Für ein gestiegenes Interesse an der Natur sprechen Viertel, die nach Blumen oder Bäumen und Vögeln benannt sind.
Politikernamen aus der bundesrepublikanischen Geschichte sind relativ selten, hier begegnen Käte Strobel, Gesundheits- und Familienministerin, Theodor Heuss, Bundespräsident, Paul Lücke, Bundesbau- und Innenminister. Hier zeigt sich ein gewisser Parteien-Proporz. Verdiente Lokalpolitiker haben es da leichter gehabt im Gedächtnis zu bleiben (Siehe H. Sülzer CDU und W. Heidbreder SPD, zwei Bürgermeister in Gummersbach).
Sicher hat sich nach dem Krieg auch eine Zurückhaltung verbreitet, nachdem durch Niederlage und Systemwechsel Namen verschwanden, die sich überholt hatten. Für einheimische Industrielle galt diese Zurückhaltung schon früher, sie wurden geehrt durch ihren Vornamen, nur Ortskundige wussten oder wissen, wer sich dahinter verbirgt. Nur wenn die Straße unmittelbar im oder am Werksgelände lief, erlaubte man sich den vollen Namen zu nennen. In einer gewerblichen Gegend standen auch bekannte deutsche Industrielle in hohem Ansehen, davon zeugen die Namen Friedr. Krupp, Carl Benz, Gottlieb Daimler, Werner von Siemens, Maria Zanders.
Vier Gründungsmitglieder des BGV-Oberberg und Regionalhistoriker haben es zur Ehre eines Straßennamens gebracht: Fritz Rau, der Heimatforscher aus Gummersbach, Dr. Albert Schumacher, der Naturkundler aus Waldbröl, Otto Kaufmann, der Volkskundler aus Nümbrecht und Karl Demmer, Lehrer in Osberghausen.
Eigentlich ist der naheliegende Name einer Straße oder eines Weges der, wohin er führt oder woher er kommt, oder auch welch wichtiges Gebäude an ihm gelegen ist und all jene Lokalitäten, die zu einem Gemeinwesen gehören, vom Rathaus zur Kirche, vom Friedhof zur Schule, alle diese Namensbezeichnungen finden sich reichlich in Oberberg, es kann jedoch im Laufe der Zeit vorkommen, dass diese Objekte verschwunden sind, dann sind die alten Namen eine schützenswerte Erinnerung.
Auch in dieser Aufzählung fehlen Namen und Kategorien, sie soll aber anregen, sich mit den Straßennamen der näheren Umgebung zu beschäftigen und ggf. für ein Zusatzschild zu sorgen, wenn nun wirklich keine Erinnerung oder Wissen der Allgemeinbildung mehr zu einer Entschlüsselung führt. Eine modernere Einrichtung sind die Ortspartnerschaften im vereinten Europa, dadurch kommen viele Orte auch zu einem Straßen- oder Platznamen, der an die Partnerstadt erinnert. Oft stecken persönliche Verbindungen dahinter, die auch notwendig sind, um den Austausch lebendig zu erhalten. A.R.

Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf, Volker Lang (Nümbrecht-Foto), Elisabeth Klinkert (Ründeroth-Fotos), Harald Meißner (Dieringhausen-Fotos)

Klicken Sie auf das erste Bild, und die Bildergalerie öffnet sich mit vergrößerten Abbildungen!