BGV-Oberberg – Nachdenkliche Gedanken in Coronazeiten – V

Auch im Oberbergischen werden herausragende Ärzte durch Straßennamen geehrt, sodass die Erinnerung an ihr Wirken festgehalten wird: Mal sind es mehr die Forscher, Wissenschaftler und Entdecker, mal die Praktiker. So erinnert man sich in Gummersbach an Dr. Heinrich Wiefel, den Geburtshelfer aus Hülsenbusch, an Dr. Ottmar Kohler, den Chirurgen – beide Kinder der Region. Aber auch an Professor Sauerbruch, den Chirurgen aus Wuppertal, an Professor Robert Koch, den Entdecker des Tuberkelbazillus und großen Seuchenforscher. An Dr. Emil Bering, den Entdecker der Serumtherapie, an Professor Rudolf Virchow, den Anthropologen, Chirurgen, Pathologen und Sozialhygieniker in Berlin. Der Entdecker des Penicillins, der Waffe gegen bakterielle Infektionen wird geehrt mit Alexander Fleming, einem schottischen Arzt und Mikrobiologen, der 1945 den Nobelpreis für Medizin erhielt. Kein Mediziner, aber ein Forscher aus der Region, der Remscheider Konrad Röntgen, entdeckte als Physiker die nach ihm benannten Röntgenstrahlen und deren medizinische Verwendbarkeit. Paul Ehrlich war Arzt, Mikrobiologe und Krebsforscher, der auch erste antibakterielle Medikamente entwickelte. Viel weiter zurück reicht das Andenken an die Klosterfrau Hildegard von Bingen und ihre mittelalterliche Kräutermedizin, uns näher ist dann der Arzt Paracelsus Theophrastus von Hohenheim, 1494-1541, ein Schweizer, der seine zeitgenössische Medizin  von der antiken 4-Säftelehre um chemisches Wissen bereicherte. Er schrieb in deutscher Sprache über die schlimmsten Krankheiten seiner Zeit: Pest und Syphilis; ein unstetes Wanderleben durch ganz Europa brachte ihm zwar viel Erfahrungen, aber auch Anfeindungen und Prozesse. Ein Wandererleben hatte auch der Elsässer Albert Schweitzer (1875 – 1965) zu bestehen, Theologe, Musikforscher und Arzt, Friedensnobelpreisträger 1952, den alle gerne vor ihren Karren gespannt hätten. Ihn ehrt ein Platz am Krankenhaus Gummersbach und ein Weg in Waldbröl und Hückeswagen.

Alle diese herausragenden Namen bezeugen Kinder ihrer Zeit, die sowohl in ihrer Lebenszeit als auch späterhin Kritik, Ablehnung und Ehrung heraufbeschworen, zumal wenn sie sich auch noch politischen oder religiösen oder gesellschaftlichen Themen zuwandten. Sicher waren sie auch oft mit den Krankheiten ärmerer Schichten konfrontiert, in deren Umfeld sich Krankheiten oder sogar Todesfälle häuften. Um aufzurütteln verglich Robert Koch die hygienischen Verhältnisse in Hamburg mit denen in Afrika. Albert Schweitzer wurde in seiner ärztlichen Tätigkeit im Urwald-Hospital behindert als internierter Deutscher, dem spätere Generationen vorwarfen, allzu paternalistisch mit seinen einheimischen Helfern umzugehen. Der Bazillus Straßen umzubenennen, der in einigen deutschen Großstädten zur Zeit um sich greift, hat Oberberg bisher verschont, eine derartige Kulturrevolution ist hier hoffentlich nicht nötig, wenn auch schon ironisch über das Preußentum in den Straßen Gummersbachs hergezogen wurde, wo es nur so von Generälen wimmelt. Eigentlich müsste dann auch Köln seinen Namen ändern, da es ja ganz offensichtlich eine Kolonie eines aggressiven Imperiums war, das Tausende von wilden Germanen abschlachten musste, um seine Kolonisation durchzuführen. Dass es auch immer ganz andere Einzelfälle aus der Zeit des deutschen Kolonialismus gibt, möge ein Blick auf Dr. med. Eduard Schnitzer (1840-1892) bezeugen, genannt Emin Pascha, Afrikaforscher, Gouverneur von Äquatoria, Seuchenberater im anglo-ägyptischen Sudan und Kämpfer gegen den Sklavenhandel. Er verlor dabei in Afrika sein Leben.

Text: AR, Fotos Dr. Anna Eiter-Rothkopf

Literatur:

  • Frank Rutger Hausmann: Die medizinische Versorgung des Oberbergischen Kreises bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. In: Romerike Berge, Zs. für Heimatpflege im Bergischen Land, 22. Jg. 1972, Heft 3.
  • Nils Ole Oermann, Albert Schweitzer Biographie; München 2009
  • Christian Kirchen: Emin Pascha, Arzt, Abenteurer, Afrikaforscher; Paderborn 2001