Das Historische Archiv der Stadt Köln / Rückblick und Ausblick

Archiv-gerettetAuf Einladung der Oberbergischen Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins berichtete die Leiterin des Archivs am 15.3. im Bruno-Goller-Haus in Gummersbach über den katastrophalen Einsturz des Gebäudes, die enormen Konsequenzen und die allmählich wieder sichtbare Perspektive für die Zukunft.
Es ist jetzt drei Jahre her, als am 3. März 2009 das historische Archiv der Stadt Köln bei Bauarbeiten im Untergrund einstürzte. Dieses Archiv war auch für oberbergische Heimatforscher seit jeher ein gesuchtes Ziel. Zahlreiche Urkunden, die z.B. von Klaus Pampus in seinem Buch “ Urkundliche Erstnennungen oberbergischer Orte“ zitiert wurden, waren im historischen Archiv der Stadt Köln ebenso zu finden wie Dokumente, die von Privatpersonen, Firmen oder Behörden gesucht werden.
Der größte Teil der Bestände des größten Kommunalarchivs nördlich der Alpen schien unwiederbringlich für Bürger wie auch Wissenschaft und Forschung verloren.
Fast drei Jahre später steht man nun vor einer unfassbaren Menge durchnässten und zerfetzten Papiers, die nach der Bergung, bei der fast 4.000 Bergungshelfer und freiwillige Erstversorger mitwirkten, unsortiert auf 20 „Asylarchive“ in ganz Deutschland verteilt werden mussten, die über die Möglichkeit verfügen, dieses Material sachgerecht zu lagern.

Archiv-restauriertInzwischen haben sich die ersten Befürchtungen deutlich relativiert: 95% der Bestände konnten geborgen werden, der weit überwiegende Teil davon in restaurierbarem Zustand. Dies ist ein nahezu unglaubliches Ergebnis, wenn man bedenkt, dass die Archiv-Bestände rund 30 Kilometer Regale umfassten, mit z.B. 65.000 Urkunden ab dem Jahr 922, mit 150.000 Karten und Plänen und über 800 Sammlungen und Nachlässen, darunter die des Komponisten Jacques Offenbach und des Schriftstellers Heinrich Böll.
Das Archiv hat nun die Mammutaufgabe eines Wiederaufbaus vor sich: Es wird Jahrzehnte dauern, bis die Bestände restauriert und wieder zusammengeführt sind. Dabei konnten auch jetzt schon erste Erfolge gezeigt werden, etwa wie aus einem ca. 15cm hohen Haufen nasser und zusammenklebender Blätter wieder eine saubere ca. 1 cm dicke Akte wurde oder wie die Reste einer alten Pergamenturkunde wieder zu einem sauberen Dokument wurden, wenn auch einzelne Fetzen noch fehlen.
Die notwendigen Restaurierungsarbeiten bedeuten allerdings noch mehr als 30 Jahre Arbeit für mehr als 200 Restauratoren und Archivare. Hierfür und für den Archivneubau, dessen Pläne gezeigt wurden, entstehen Kosten von mindestens 350 Millionen Euro. Es ist jedoch ein Problem, dass die benötigte Anzahl der Papierrestauratoren weltweit nicht zu finden ist. Daher wurden im Vortrag von Frau Dr. Schmidt-Czaia auch ausführlich die Ausbildung von Restauratoren und Archivaren dargestellt und Hinweise auf die Unterstützungen bei der Ausbildung gegeben.

Sehr berührend war letztlich auch die Berichte der Archivleiterin und ihres mit angereisten Mitarbeiters über das persönliche Erlebnis beim Einsturz des Gebäudes. Es grenzt an ein Wunder, dass nur zwei Anwohner angrenzender Gebäude den Tod fanden. Insbesondere die rund 25 Personen, die sich im Gebäude befanden, konnten dank einer schnellen und energischen Alarmierung durch den Hausmeister rechtzeitig aus dem Gebäude fliehen. Dabei war von Vorteil, dass es bereits ein Jahr vorher zu einem durch die Bauarbeiten ausgelösten Gasalarm gekommen war, so dass Rettungswege und Fluchtverhalten allen bekannt waren. Auch auf der Straße vor dem Gebäude hatten sich alle Personen in Sicherheit bringen können.

Archiv-Vorstand-RefrentinZu den Fragen der Besucher, wieso es überhaupt zu diesem Unglück kommen konnte, wurde von der Archivleiterin berichtet, dass bereits ihre Amtsvorgänger im Rahmen der Planung und Genehmigung der U-Bahn-Bauarbeiten intensiv auf die Belange des Archivs und auf die besonderen Probleme der enormen Lasten durch das Archivgut, wie es sonst kein Gebäude aufzuweisen hatte, hingewiesen hatten. Dies wurde von den verantwortlichen Stellen aber genauso abgetan, wie auch die später erfolgten Hinweise und Reklamationen von immer mehr und größeren Rissen im Gebäude. Diese wurden dokumentiert aber mit dem Hinweis kommentiert, dass andere Gebäude entlang der Baustelle noch deutlich größere Schäden aufwiesen und diese alle reparabel seien. Wie sich dann drastisch zeigte, war dies eine grobe Fehleinschätzung.

(Dieter Forst, Fotos Stadtarchiv und BGV) )