Für Historiker ist es natürlich eine unangenehme Angelegenheit, wenn beim Erforschen einer Begebenheit am Ende mehr Fragen als Antworten auftauchen. Um es aber positiv zu sehen, erlaubt der Raum für Spekulationen aber eben auch viele Denkanstöße. Also nun mal erst zu den Fakten: Am 23. März 1926 wird vom Maschinenwärter Heinrich Brandscheidt bei Rodungsarbeiten einer Holzparzelle südöstlich von Weiershagen auf´m Heidol in einer Tiefe von etwa 40 cm ein Münzschatz gefunden. Er umfasst 10 Goldmünzen und 19 Silbermünzen, lose in der Erde. Die Münzen stammten aus der Landgrafschaft Hessen, aus Sachsen, aus den Reichsstädten Nürnberg, Lübeck, Frankfurt, aus Kurtrier und Kurmainz, sowie eine englische Münze und 18 Niederländische Taler. Da die jüngste Münze von 1630 stammt, würde man die Datierung der Vergrabung des Münzschatzes in die 1630er Jahre legen, also mitten im Dreißigjährigen Krieg. Der Grund für die Vergrabung des Schatzes ist somit erkennbar. Unruhige Zeiten. Die Gegend an der unteren Wiehl brachte einige Hammerwerke hervor, wie z.B. die Weiershagener Hütte, die auch später als Exporteur von Kanonenrohren nach ganz Westeuropa Bedeutung erlangte. Die wirtschaftlichen Grundlagen für die Erwirtschaftung eines solchen Schatzes waren also gegeben und die Herkunft der Münzen gibt Rückschlüsse auf weitreichende Handelsbeziehungen. Oder vergrub den Schatz etwa ein Kriegssöldner der ihn in den vorangegangen Kriegsjahren zusammengeraubt hatte? Ein Blick in die Fuder-Hafer-Zettel, als erste Steuerliste für die Grafschaft Homburg, die auch gut zwei Generationen vor dem Münzschatz datieren, lassen noch keine Einwohner hervorstechen, die mehr Geld zu zahlen haben, denn dort zahlen noch alle den gleichen Steuersatz. 1635 etabliert sich die Eigendynastie der Grafen Sayn-Wittgenstein-Berleburg-Homburg. Ahnte hier vielleicht schon jemand, dass durch das Repräsentationsbedürfnis des Grafen Ludwig Casimir auf Schloss Homburg in den nächsten Jahren eine größere Steuerlast auf die Einwohner der kleinen Grafschaft Homburg zukommen würde. Jedenfalls gibt es für die nächsten Jahrzehnte einige Beschwerden der Einwohner der Herrschaft beim Reichskammergericht über die zu hohe Steuerlast. Auch die Pest grassierte in der Gegend, so 1634 bis 1636 im nahen Ründeroth. So wie wir heute vor den Fernsehnachrichten sitzen und denken, eine Pandemie in China oder Italien ist weit weg, so veranlasste den Besitzer des Schatzes vielleicht die Nachricht, dass in Ründeroth viele Einwohner an der Pest gestorben sind, mit einem Stoffbeutel auf´n Heidol loszuziehen und ihn dort zu vergraben. Oder waren es doch kriegerische Durchzüge im Bergischen oder im Schwarzenbergischen. Denn die Lage des Fundortes ist nur einen Berghang vor der Grenze zur gerade neu etablierten Reichsherschaft Gimborn-Neustadt und auch nicht weit weg zur Grenze des Herzogtums Berg hinter der Hohen Warte. Somit werfen viele Fragen ein Schlaglicht auf die Zeit der Vergrabung. Warum der Besitzer nie dazu kam den Schatz wieder an sich zu nehmen ist nach gut 400 Jahren leider auch nicht mehr zu klären. Der Vorstand des Geschichtsvereins mit dem Archäologen Dr. Frank Gelhausen und Moritz Müller aus Bielstein, der die alten Flurkarten und heutige Karten im gleichen Maßstab beim Katasteramt besorgt hatte, hat sich zwar nicht auf Schatzsuche begeben, aber auf Schatzfundortsuche. In den Feldern oberhalb der Wiehl, hinter dem Stahlwerk Kind & Co. in Bielstein überkam uns zwar der Genius Loci, dazu wurde noch ein Dukaton/Patagon von den Gouverneuren Albrecht und Isabella 1595-1621, gezeigt, der ebenfalls im Schatzfund vertreten war. Damit es aber nicht wie früher bei Marcel Reich-Ranitzki heißt: „Vorhang zu, alle Fragen offen“ wird sich unser Ehrenvorsitzender mit diesem Thema noch eingehender beschäftigen und diese Beschäftigung wird dann vielleicht in einem Aufsatz für Band 14 der „Beiträge zur Oberbergischen Gechichte“ münden. Die Tragik der Geschichte ist damit aber noch nicht zu Ende. Der Münzfund wurde 1926 nach Schloss Homburg zur Aufbewahrung verbracht und dort 1969 gestohlen. Von ihm fehlt bis heute jede Spur. Nur ein kurmainzer Goldgulden ist erhalten. Er wurde damals an das Landesmuseum in Mainz verkauft, weil er für die Mainzer Geschichte bedeutend war und liegt dort noch heute.
Text: Marcus Dräger, Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf