BGV in Coronazeit X – Medizinhistorie

Eine schlimme Seuche, die jahrhundertelang unsere Gegend mit ihrem feuchten, nebeligen und etwas kälteren Klima heimgesucht hat, war die Tuberkulose oder Schwindsucht, wie man damals sagte. Ärmliche Lebensverhältnisse, verrauchte Stuben waren der Nährboden dieser Erkrankung, die in allen Schichten der Einheimischen grassierte und Menschen, jung oder alt hinwegraffte.
An den Entdecker dieser Erkrankung, d.h. den Entdecker des Erregers, der für die Erkrankung verantwortlich ist, Dr. Robert Koch, (1843 –1910) haben wir schon erinnert, diesem verdienten Arzt sind auch Straßen in Oberberg gewidmet (Gummersbach, Lindlar, Waldbröl, Wiehl, Hückeswagen). Trotz all seiner Verdienste muss festgehalten werden, dass zu seiner Zeit kein spezifisches Heilmittel, d.h. kein Antibiotikum zur Verfügung stand, dass also nur symptomatische Maßnahmen angewandt wurden, die in allgemeiner Kräftigung, insbesondere aber in Liegekuren und frischer, sauberer Luft bestanden. Auch das bergische Land schien damals, das heißt vor 150 Jahren, für die Menschen aus Industriegegenden und Ballungsräumen eher noch ein gesunderer Aufenthaltsort, zumal man dem vermehrten Sauerstoffgehalt der Luft infolge Waldreichtums nun eine heilende Wirkung zuschrieb. Zahlreiche Kliniken, Erholungsheime und Heilstätten entstanden auf den Höhen von Wuppertal, Denklingen bis Rosbach.
Wir wollen hier eines Mannes gedenken, der lange Zeit seines ärztlichen Wirkens in Oberberg verbrachte: Professor Dr. Hans Rink (1910-1996), Lungenfacharzt, Direktor der Rheinischen Landesklinik Marienheide, stellvertretender Chefarzt der Inneren Abteilung am Krankenhaus Gummersbach, in Gummersbach auch für die staatliche Tuberkulosehilfe zuständig. Die Klinik Marienheide war damals sowohl auf die chirurgische Therapie wie auch auf die konservative ausgerichtet, es erfolgten Operationen zur Entfernung zerfallener Lungenflügel, Ruhigstellung des Zwerchfells, aber auch Liegekuren in offenen Veranden. Eine große Rolle spielte auch die allgemeine Erziehung der Kranken zu Hygiene, vernünftiger Lebensführung und Risikominderung. In der Nachkriegszeit wurden die Röntgenreihenuntersuchungen üblich, zumal man in beengten Wohnverhältnissen der Ostvertriebenen oder im Kontakt der Schulkinder eine allgegenwärtige Gefahr sah. Nach dem Eintritt in den Ruhestand 1975 versorgte Prof. Dr. Rink noch eine Facharztpraxis in Gummersbach, nachdem auch seine ehemalige Klinik Marieheide ihr Fachgebiet geändert hatte. Dort röntgte er auch, betreut bis ins hohe Alter neue wie auch seine früheren Patienten aus der Klinik, musste schließlich wegen Kündigung der Praxisräume seine Tätigkeit einstellen. Er gilt als einer der Pioniere der Mediastinoskopie. In der Chronik der Landesklinik Marienheide heißt es über ihn: “Mit Erlaß des Sozialministers von NRW vom 6. 7.1948 wurde dem Abteilungsarzt Dr. md. H. Rink die kommissarische Leitung des Provinzialkrankenhauses Marienheide übertragen. Der komm. Chefarzt legt das Schwergewicht seiner Aktivitäten auf die Behandlung der Lungentuberkulose.“ Im Jahr 1949 gehörten zur Tbc-Abteilung bereits 220 Betten. Im Jahr 1950 wurde die Umwandlung in eine Tuberkulose-Fachklinik abgeschlossen und durch die Einrichtung einer Knochen-Tuberkulose-Abteilung ergänzt.

1824 hatte der Kreisphysikus Dr. Osberghaus (1774-1854) in seinem Bericht auch die Schwindsucht der Einwohner des Kreises Gummersbach aufgenommen, wenn er auch für die Erkrankung viele andere Namen nennt, hinter denen sich letztlich die Tuberkulose verborgen hat in ihren verschiedenen Manifestationen an unterschiedlichen Organen. Wechselfieber, Katarrh, Skrophulose, Hirnentzündung (Tuberkulöse Meningitis, Pleuritis), Zehrfieber, Husten.
In Unkenntnis des Ansteckungsvorganges suchte er überall nach Zusammenhängen und Auslösern, kam dabei auch auf schlechte Luft aus Sümpfen oder das zunehmende Schnapstrinken – womit er Ursachen und gehäufte Begleiterscheinungen verwechselte. Die frühen Ärzte vermuteten auch eine Vererbung der Schwindsucht, da sie in bestimmten Familien gehäuft auftrat, wo nach heutigem Wissen aber eher erkrankte Eltern ihre Kinder ansteckten. A.R.

Fotos: Robert-Koch-Strasse, A. Eiter-Rothkopf
Foto: Prof. Dr. Hans Rink, LVR -Archiv Brauweiler
Foto: Roonstr, 8 Gummersbach, Dr. H. Rink ehem. Praxis, A. Eiter-Rothkopf
Foto: Dt. Briefmarke Robert Koch 1943 zum 100. Geburtstag
Literatur:
Rene Dumesnil – Hans Schadewaldt, Die berühmten Ärzte, Köln 2. Auflage
Gerhard Pomykaj, Alltägliches Leben aus ärztlicher Sicht, Der Kreis Gummersbach 1825, Band1 Beiträge zur Gummersbacher Geschichte, Gummersbach 1988
Hans Rink, Der Lungenkrebs-Klinik-Praxis-Problematik, Marienheide 1965
Helmut Möller, Chronik Landesklinik Marienheide aus den Jahren 1942-1950

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