BGV in Coronazeit XI – Medizinhistorie

Forschung und Arztberuf waren über Jahrhunderte den Männern vorbehalten, Frauen fanden sich eher in dienenden Positionen, sei es früher in Klöstern, Heil- und Pflegeanstalten oder seit dem 19. Jahrhundert auch in Lazaretten. Hier ist besonders der schwedischen Diplomatentochter Elsa Brandström (1888 – 1948) zu gedenken, die auch in Oberberg durch Straßennamen in Erinnerung gehalten wird. Ihr Lebensweg zeigt, dass insbesondere kriegerische Zustände die Verbreitung von Seuchen fördern. Das erlebte sie nicht nur an der Front des Ersten Weltkrieges, sondern auch in den russischen Gefangenenlagern deutscher und österreichischer Soldaten in Sibirien. Dort wüteten Fleckfieber und Typhus. Als Krankenschwester setzte sie sich für die menschenwürdige Behandlung der Kriegsgefangenen auch mit Hilfe des Roten Kreuzes ein. Nach dem Krieg organisierte sie für die Rückkehrer und Kriegswaisen Hilfen, sammelte im In- und Ausland für Heime, die sie in Ostdeutschland gegründet hatte, um auch die Not der Nachkriegsjahre zu überwinden. Rotkreuz- Schwestern tun bis heute ihren Dienst in Oberberg, Vorläufer sind die konfessionsgebundenen Schwestern: Diakonissen und Franziskanerinnen, die hier auch selbst Krankenhäuser und Altenheime betrieben haben. Ihre Hilfe war auch immer wieder gefragt, wenn in Kriegszeiten Lazarette eingerichtet wurden. Dies gilt in Oberberg für die Standorte Engelskirchen, Ründeroth, Gummersbach, Morsbach und Marienheide.
Den Namen „Retter der Soldaten“ verdiente sich Emil von Behring (1854-1917), der Entdecker der Serumtherapie, die im 1. Weltkrieg insbesondere Anwendung fand gegen den Wundstarrkrampf und Gasbrand. Der erste Nobelpreisträger der Medizin wird geehrt in Waldbröl, sein Kollege und Mitarbeiter in „Robert Kochs Institut“, Paul Ehrlich (1854-1915), ebenfalls Nobelpreisträger und Erfinder des ersten chemotherapeutischen Medikamentes wird in Gummersbach namentlich geehrt. Es ist charakteristisch und passend, dass diese Namen in der Nähe unserer Krankenhäuser genannt werden.

Der Blick in die Geschichte offenbart den mühevollen Weg bis zu dem heutigen Standard der Medizin. Am ersten Antibiotikum gegen die Tuberkulose, PAS, wurde 40 Jahre experimentiert
(1902 erfunden, 1943 Erstanwendung). Ungeduld ist für uns Heutige nicht am Platze. Viele therapeutische Wege wurden beschritten, von Impfung bis zum Antibiotikum und ggf. wieder verworfen, denn auch früher galt, das Bessere ist der Feind des Guten. Aus vielen Forschungsrichtungen kamen Beiträge, aus Physik, Chemie, Zoologie, Bakteriologie.
Im 19. Jahrhundert waren Mikroskope und Färbetechnik so weit gediehen, dass die Bakterien sichtbar wurden, denen der Kampf angesagt wurde. Viren wurden 1898 erstmals erschlossen bei Pflanzen- und Tierkrankheiten, dass sie eben kleiner als Bakterien und ein ansteckendes Agens waren – auch beim Menschen. Sichtbar wurden sie erst unter dem Elektronenmikroskop 1931 des Nobelpreisträgers Ernst Ruska, während sein Bruder Helmut als Mediziner die Viren einordnete und klassifizierte (seit 1965 an der Universität Düsseldorf).
Immer wieder trifft man in den Lebensläufen der Infektionsforscher auf die Namen ihrer berühmten Vorgänger, insbesondere am RKI Berlin. Der Kampf gegen Seuchen baut auf dem Werk der Vorläufer auf! Manchmal kam den Entdeckern auch der Zufall zu Hilfe, so dem Engländer A. Fleming (1881- 1955), dem Entdecker des Penicillins, dem ein Schimmelpilz seine Bakterienkultur verunreinigt hatte, wobei er keimtötende Stoffe absonderte. Das – Beobachtung, Erforschung und Nutzung – war 1928 die Geburtsstunde des Antibiotikums Penicillin, wirksam für zahlreiche bakterielle Erkrankungen bis heute und 1945 des Nobelpreises würdig. A.R.

Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf

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