Am 8. März 2023 trafen sich im Österreich-Saal von Schloss Gimborn mehrere Dutzend Mitglieder und Freunde des Bergischen Geschichtsvereins zum zweiten Kamingespräch. Als Gäste waren der ehemalige US-Oberst Giles Kyser und der ehemalige Bundeswehr-Oberstleutnant Thorsten Bandahl eingeladen.
Die beiden Berufssoldaten trafen sich vor 30 Jahren bei einer Fortbildung, die der Analyse der Schlacht im Hürtgenwald 1944/45 aus deutscher und amerikanischer Sicht gewidmet war. Seit dieser Zeit verloren sie sich nicht mehr aus den Augen, mittlerweile verbindet sie eine enge Freundschaft.
Das Motto des Abends war „Europa braucht Amerika – aber braucht Amerika auch Europa?“. Die Frage wurde von beiden Referenten ganz klar mit Ja beantwortet, erst recht in schwierigen Zeiten, in denen es auch schon mal zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Die transatlantische Partnerschaft funktioniert nicht nur aus sicherheitspolitischen Gründen, sondern sie ist das Fundament einer Wertegemeinschaft, die von beiden Partnern gelebt wird – politisch, gesellschaftlich und kulturell.
Beide Offiziere haben sich der Verteidigung dieser Werte verschrieben. Giles Kyser, Amerikaner mit englischen und deutschen Wurzeln, stammt aus einer Familie, die schon seit der Amerikanischen Revolution im 18. Jh. immer wieder Berufssoldaten hervorgebracht hat.
Ein Großonkel fiel im Hürtgenwald, der Vater kämpfte in Vietnam. Kyser bekam schon in seiner Jugend mit, wie das Kampfgeschehen Kriegsheimkehrer physisch und psychisch beeinträchtigen konnte. Trotzdem trat er, nicht nur der Familientradition geschuldet, sondern aus voller Überzeugung ins Marine Corps, eine Elitetruppe der US-Streitkräfte, ein. Die Ausbildung war hart, aber gründlich, das Lernpensum breit gefächert. Werte wie Mut, Ehre und gegenseitiges Einstehen füreinander bestimmen den Korpsgeist.
Kysers Verwendung in fast einem Vierteljahrhundert Militärdienst, in dessen Verlauf er 19mal umziehen musste, zeigt aber auch die Vielseitigkeit und Flexibilität, die man von den Marines erwartet. In seinen Kampfeinsätzen, sei es in der irakischen Wüste oder im Häuserkampf, sah er dem Tod mehrfach ins Auge. Sein Organisationstalent und seine Weitsicht führten ihn auch ins Pentagon, wo er u.a. am Aufbau der Special Operation Forces mitwirkte. Hier erlebte er aber auch vor Ort einen der schwärzesten Tage seines Lebens, als an 9/11 ein von Terroristen gelenktes Flugzeug in das Gebäude gesteuert wurde und ihn nur um Haaresbreite verfehlte. Mit bewegenden Worten schilderte er Chaos und Rettungsaktionen.
Kyser und Bandahl verbanden Auslandseinsätze in der ganzen Welt. Besondere Bedeutung hatte die Wiederherstellung der politischen und gesellschaftlichen Stabilität. Dazu gehörten der Aufbau von funktionierenden Sicherheitskräften, wie auch die Bekämpfung von Kriegsverbrechen und terroristischen Anschlägen, aber auch der Wiederaufbau von ziviler Verwaltung und Infrastruktur.
Thorsten Bandahl, ehemaliger Fallschirm- und Gebirgsjäger, kennt den Balkan gut, diente als Militärberater in Albanien und war Verbindungsoffizier im italienischen Verteidigungsministerium.
Bei beiden Offizieren hat sich in ihren Auslandseinsätzen mit ihren teilweise sehr bitteren Erlebnissen die Überzeugung gefestigt, dass die freiheitliche Grundordnung, wie wir sie kennen, gar nicht hoch genug veranschlagt werden kann.
Viele Fragen aus dem Publikum zeigten das große Interesse am gewählten Thema und den authentischen Berichten der Zeitzeugen. Die Moderatoren des Abends – Dr. Uwe Bathe und Marcus Dräger – waren fast arbeitslos, die Gäste spielten sich die Bälle gegenseitig zu und ließen keine Langeweile aufkommen.
Text: Harald Meißner
Fotos: Marcus Dräger, Harald Meißner und Joachim Mross
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