Münzen und Medaillen

Kleine Münzkunde des Oberbergischen

Die Numismatik, die Münzkunde, beschäftigt sich, anders als ihr Name verrät, mit mehr als nur den Münzen. Zu ihr gehören auch das Papiergeld, Marken und die Medaillen. Sie alle spiegeln Geschichte, politische, soziale oder Wirtschaftsgeschichte. Somit ist die Numismatik zu Recht eine historische Hilfswissenschaft, die wichtige Aussagen machen kann. Diese beziehen sich sei es auf den Quellenwert der Objekte selbst , sei es auf ihre Überlieferung und Verbreitung. Die Münzkunde ermöglicht damit zugleich vielfältige Aussagen über das Wirtschaftsleben vergangener Zeiten.

I Münzen, die im hiesigen Raum und für ihn geprägt wurden.

Das Oberbergische als eine ehemals bäuerliche Region besaß nur eine Stadt, in der im Mittelalter Münzen geprägt wurden. Die meisten Münzen strebten von außerhalb ins Land. Da das Land im wesentlichen dem Herzogtum Berg und der Grafschaft Mark zugehörig war, hat das wechselvolle Schicksal dieser Herrschaften auch bestimmt, welche Münzen jeweils im Lande umliefen.
Insofern Silbergeld zugleich einen materiellen Wert als Ware besaß, konnten durch den Handel daneben auch die Währungen großer finanzstarker Nachbarn einströmen. So etwa aus der mittelalterlichen Reichs- und Hansestadt Köln, wo Erzbischof und Bürgerschaft Münzen prägten. Dies umso mehr, als der mächtige Kirchenfürst zahlreiche Außenbesitzungen hatte, die mit seinem Geld versorgt wurden oder in seinem Namen selbst prägten. Eine dieser auswärtigen Prägestätten war Wildberg, wo der lokale Silberbergbau das Rohmaterial lieferte.

wildbergnachwipperfmuenzort1275Die Wandlung von einer bischöflichen Nebenmünzstätte zu einer Münzstätte der aufstrebenden Grafen von Berg ist ein komplizierter Weg, den es hier nicht im einzelnen darzustellen gilt. 1275 gestattete König Rudolph I. dem Berger, die Münzstätte nach Wipperfürth zu verlegen, wo der Graf dann diese im Handel geschätzten Münzen nach dem Vorbild des Kölner Pfennigs prägte

(vgl. Abb. 1: Urkunde U5 von 1275 , hrsg. von der Abteilung Oberberg des Berg. Geschichtsvereins ) . In Wipperfürth bestand eine frühe Textilherstellung mit weiträumigen Handelsbeziehungen im Rahmen der Hanse. Das brachte Geld ins Land , andererseits floss Geld ab an den Grundherrn oder die Kirche . Sofern Steuern und Abgaben überhaupt in Geld und nicht in Naturalien erhoben wurden, denn im täglichen Lebens des Mittelalters spielte die Geldwirtschaft noch eine bescheidene Rolle.

Münzarten der damaligen Zeit

Der damalige Pfennig , auch Denar genannt, hatte einen großen Wert, nicht vergleichbar seinem heutigen Namensvetter. Es war festgelegt, dass 144 Stück ein festes Gewicht haben mussten, nämlich das der „Kölner Mark“ , die ungefähr 233 gr. entsprach. Da die Pfennige in Handarbeit mit dem Hammer geprägt und die Bleche mit dem Hammer geglättet wurden, konnte ihr Gewicht unterschiedlich ausfallen. Hauptsache war, dass 144 von ihnen das Sollgewicht aufbrachten, mochten im Einzelnen auch mal leichtere oder schwerere dabei sein .- Größerer Handel, wertvollere Güter verlangten mit der Zeit auch nach größeren Geldstücken, die dann auch in Form eines 12- Pfennigstückes auf den Markt kamen. Diese waren die Großen , Grossi oder letztlich deutsch die Groschen. Und da sie sich von Frankreich aus verbreiteten, von der Stadt Tours, hießen sie auch Tournose- Groschen oder Turnosen. Damit sind einige Nominale vorgestellt, die heute allerdings schwer zugänglich sind. Wipperfürth war eine kleine Münzstätte, die im wesentlichen das Umland bediente . Es ist also verständlich, dass die Stadt im Jubiläumsjahr auf Traditionen hinwies , wie sie sonst keine der später entstandenen Städte im oberbergischen Kreis vorweisen kann .

1992 galt es 775 Jahre Stadtgeschichte zu feiern, was mit einem Sterling nach englischem Vorbild geschah, wie ihn Graf Adolf VIII. von Berg als 3- Pfennig Münze einst dort ausgebracht. Die von Werner Breuer aus Wipperfürth geschaffenen Medaillen ( Abb. 2 ) orientierten sich trotz größerer Schrötlinge und Stempel an den genannten mittelalterlichen Vorbildern.

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II Weitere Münzrechte

Das Münzrecht – ursprünglich ein Königsrecht- erwarben aber nicht nur Grafen und Herzöge, sogenannte Altfürsten oder hohe geistliche Herren. Auch kleineren Herren gelang es , dieses Privileg mit kaiserlicher Erlaubnis zu erringen, sei es für ihre Verdienste, sei es für viel Geld an die kaiserliche Kasse.

hochzeitstalerchromferdinandmzEin solcher Aufsteiger war Graf Adam von Schwarzenberg (1584-1641), der sich für seine Herrschaft Gimborn das Münzrecht übertragen ließ, infolge der turbulenten Zeiten des 30jährigen Krieges aber nicht dazu kam es auszuüben. Er übertrug es aber an seine Nachfolger, die Fürsten von Schwarzenberg. Sein Sohn Johann Adolf prägte dann auch 1682 das erste Goldstück in der bis 1783 reichenden Münzgeschichte seines souveränen Hauses. Populär wurde in einer Nachprägung der so genannte Hochzeitstaler (Abb.3) des Fürsten Ferdinand von 1696, der den barocken Fürsten mit seiner Gemahlin Anna von Sulz zeigt. Wohlgemerkt , Gimborn -Neustadt war damals nur noch ein Splitter im Besitz dieser österreichischen Neufürsten.

III. Auswärtige Stücke aus hiesigem Silber

Viel Beachtung bei Sammlern und Heimatforschern haben Stücke gefunden, die laut Umschrift aus hiesigem Silber geprägt wurden, aber in einer entfernten Münzstätte des Landesherrn. Dies geschah unter Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz 1742-1799, der das Herzogtum Jülich- Berg von seinen Neuburger Verwandten geerbt hatte. Die Residenz hatte er von Düsseldorf nach Mannheim verlegt, wo ebenfalls eine Münzstätte bestand. Von dort kennen wir aus den Jahren 1748-58 Taler und Gulden aus Feinsilber.

nachpraegungcarlthvdpfalz1000jahrereichshof1967Diese schönen Stücke gaben ebenfalls Anlass zu einer Nachprägung, die man auch als eine moderne Medaille bezeichnen darf, denn sie will das Original von 1756 nicht täuschend nachahmen. 1967 veranlasste die Gemeinde Reichshof diese Prägung von 700 Stück zu ihrer 800-Jahrfeier. Der Rand ist scharfkantig und das Porträt gröber, die Buchstaben gekörnt. Die 3 ovalen Wappen von Pfalz- Bayern, Kleve Berg/ Moers Bergen op Zoom, Veldenz, Sponheim , Ravensberg und ein Regalienschild in der Rokokokartusche unter dem Kurfürstenhut sind ein Dokument der Politik und der Kunst zum Ausklang des alten dt. Reiches(Abb. 4). Der Kurfürst aus dem Hause Sulzbach zeigt stolz, was er alles geerbt hat und worauf er Anspruch erhebt.

IV. Nach der Revolution neues Geld

Zu seinen Lebzeiten noch deutet sich von Frankreich her ein neues Zeitalter an. Revolutionäre Truppen überschreiten 1794 den Rhein , besetzen Teile des Herzogtums Berg und bringen als Besatzer ihr eigenes Geld in bisher unbekannter Form mit: als Geldscheine aus Papier, die sog. Assignaten, deren Wert in dem Vertrauen der Bürger ruhte, die an den neuen Staat und seine zukunftweisenden Errungenschaften glauben sollten ( Abb. 5) . Der innere Wert des Geldes war damit abgeschafft. Gutes altes Silbergeld floss nur noch als Kriegskontribution nach Frankreich. Wie gut das Silber jener sicher nicht alltäglichen Beutestücke war, erweist auch der Zusatz FEINSILB: d.h. wenigstens 990er.

assignat2mzVor den Franzosen zerstob auch der Kleinstaat des Reichsfreiherrn Johann Ludwig von Wallmoden- Gimborn (1736-1811), der die Reichsherrschaft Gimborn- Neustadt 1782 von den Fürsten von Schwarzenberg käuflich erworben hatte. In seiner nur 24 Jahre währenden Landesherrschaft ließ er für sein kleines Land 1802 in Hannover auch Münzen prägen : einen ganzen Taler, einen halben Taler, einen 24stel Taler und als Probe einen Dukaten (Abb. 6) Das Recht dazu hatte ihm 1784 Kaiser Joseph II. verliehen unter Bezugnahme auf eben dieses Recht, das Adam von Schwarzenberg 1638 von Kaiser Ferdinand III. erworben hatte.

monetagimbornensis18021806 ging sein Land ebenso wie die Herrschaft Homburg im neu gegründeten Großherzogtum Berg auf, einem französischen Satellitenstaat, den Kaiser Napoleon seinem Schwager Joachim Murat einrichtete. Der letzte jülich-bergische Herrscher aus dem Hause Wittelsbach Max Joseph zog sich zurück und empfing in Bayern eine Königskrone aus der Hand Napoleons.

Max Joseph hat seinem Land am Niederrhein auch numismatische Erinnerungen hinterlassen . Als Dokumente der veränderten Zeit sei der 3- Stüber ausgewählt.

 

Unter Carl Theodor heißt er „Gülich und Berg. Landmünz“und zeigt ein Löwenwappen unter Kurhut. Unter Max Joseph ist Jülich schon an Frankreich abgetreten, also heißt es nur noch „ Bergische Landmünz“ und auf der Rückseite erscheint das verschlungene* Doppelmonogrammm aus M und J im Kranz unter Krone. Fast nachahmend unter Murat heißt es „Berg. und Clev. L.M“: d.h. das linksrheinische, einst preußische Kleve ist nun zu Berg hinzugekommen und im neuen Empire ist auch wieder Platz für eine Krone über dem J im Kranz. Nur ist das Silber immer schlechter geworden, wie die völlige Schwarzfärbung* verrät

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(Abb. 7 und 8) . Das Land wird ausgebeutet , dient der Reserve! Mit dem Ende Napoleons 1815 ziehen die Preußen ein und bringen in ihre Rheinprovinz auch ihr Münzsystem mit. Das Geld kommt seither aus Berlin, wo mit dem Münzbuchstaben A , von 1817-1848 auch aus Düsseldorf mit dem Buchstaben D. geprägt wird. Der Silbergroschen gilt im Königreich 12 Pfennige, 360 davon ergaben einen Taler. Gulden und Taler werden ab 1873 durch die Mark als Währungseinheit ersetzt. Da nun auch das Dezimalsystem gilt, hat der Groschen 10, die Mark 100 Pfennige.
V. Das 20.Jahrhundert

lohnscheckhuelsenbuschkleinb300100mia231023Oberberg nimmt an der allgemeinen deutschen Geschichte teil, die Vereinheitlichung schreitet fort mit den Höhen und Tiefen des Deutschen Reiches. Ein Tiefstand ist die Notzeit im und nach dem ersten Weltkrieg, wo Not und Inflation noch einmal lokale Währungsmittel entstehen lassen. Dazu die 50 Pfennige Kriegsnotgeld 1917 der Stadt Gummersbach und die Inflationsscheine von 1923 aus der Region (Abb. 9). Der Rentenmark von 1923 folgt 1924 die Reichsmark und nach dem Krieg und einer weiteren Währungsreform 1948 die Deutsche Mark.

gedmuenze75jahremuseumschlosshomburg gedmuenzeheimatverein1100jahremorsbach1995Aufwärts geht es mit dem Wirtschaftswunder der Bundesrepublik. In der zunehmend prosperierenden Zeit finden sich auch Interessenten für Medaillen und manches Fest oder Jubiläum wird mit einer Medaille gefeiert, die den Anlass noch lange im Gedächtnis bewahren soll. Da feiern Sparkassen, Museen, Städte, Gemeinden und Vereine, nicht immer mit hohem künstlerischen Anspruch, aber mit historischen Porträts, Wappen oder Ansichten aus der Region (Abb. 10a-b). Nach der Einführung des Euro wird das voraussichtlich weitergehen.

gedenkmuenzedrmarzinekDie moderne Wiederbelebung der Medaille wurde und wird maßgeblich gefördert durch die Deutsche Medaillengesellschaft, deren Vorsitzender Dr. Otto Marzinek (1913-86) einst von Gummersbach aus die Aktivitäten lenkte. Sein Vermächtnis ist heute im Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin zu sehen (Abb.11).

 

VI. Falsches Geld – ein Nebenschauplatz

heckenmuenzehuissenrevrtalerzu20schillingEs lohnt, abschließend auf einige numismatische Besonderheiten zu verweisen , nämlich auf die beiden Münzen, die Adam v. Schwarzenberg 1626 in der klevisch-brandenburgischen Enklave Huissen in den Niederlanden in einer sog. Heckenmünze, einer versteckten illegalen Münzstätte, prägen ließ. Sein Taler deklarierte sich als 20 Schillingstück, die kleinere Münze als 3 Schilling der Grafschaft Mark (Abb. 12). Eine niederländische Strafexpedition machte dem Unwesen ein militärisches Ende ( vgl. Bd . 5 der Beiträge zur Oberberg. Geschichte , S. 56 ff.).

Noch versteckter ging es in der Heckenmünze auf Schloss Homburg zu. Hier gefertigte unterwertiger Produkte erregten ebenfalls den Zorn der größeren Nachbarstaaten bzw. des Niederrheinisch- Westfälischen Kreises , und es kam 1694 gleichfalls zu einer Strafexpedition mit Zerstörung der Prägestätte. ( s. E. Barthelemy, Beiträge zur Geschichte der Herrschaft Homburg an der Mark, S. 37 ff) A. R.