In Deutschland gibt es einige Orte, die Limburg oder Hohenlimburg heißen. Bei unseren Nachbarn in Belgien und den Niederlanden gibt es jeweils eine ganze Provinz, die sich so nennt. Sie sollen an das mittelalterliche Herzogtum Limburg erinnern, obwohl sie territorial kaum deckungsgleich mit dem traditionsreichen Vorgänger sind. Mit einem einzelnen Tagesausflug lassen sich Geschichte und Kultur dieser interessanten Region nicht abdecken, deswegen hat sich der BGV Oberberg zum Auftakt für einen Besuch im niederländischen Südlimburg entschieden, am 28. Juni 2025 ging es los.
Südlimburg liegt im Dreiländereck Belgien-Deutschland-Niederlande und zeichnet sich schon deswegen durch eine bestechende kulturelle Vielfalt aus. Seine Dialekte sind vom Deutschen beeinflusst, die Baukunst seiner zahlreichen Schlösser und Herrenhäuser lässt die Nähe Frankreichs erkennen, sein Adel stand in den Diensten Burgunds, der Generalstaaten und der (spanischen und österreichischen) Habsburger und bekleidete hohe Posten in der europäischen Diplomatie.
Auch landschaftlich unterscheidet sich Limburg von den übrigen Niederlanden. Seine Landschaft besteht aus sanften Hügeln mit Wiesen, Feldern und Wäldern, sein fruchtbarer Lößboden sorgt für gute Ernten (Getreide, Gemüse und Obst), es gibt auch Weinberge.
Die Limburger sind überwiegend katholisch, ein Erbe des Westfälischen Friedens, mit dem auch der Achtzigjährige Krieg der Niederlande gegen Spanien endete. Der Norden blieb calvinistisch, der Süden katholisch. Daran änderte auch die Einverleibung der Niederlande ins Napoleonische Kaiserreich nicht viel.
Nach dem Wiener Kongress entstand 1815 ein großes Königreich der Niederlande, gedacht als Pufferstaat, der ungefähr das heutige Benelux-Gebiet abdeckte. Spannungen durch eine ungeschickte Politik der Oranier und unverhohlene Einmischungen der europäischen Großmächte führten 1830 zur Lossagung der Belgier, auch Limburg sollte dem neuen Königreich angehören. Das verhinderten zwar die starken niederländischen Garnisonen in Maastricht und Venlo, aber zu einer bis heute geltenden Grenzziehung kam es erst 1839, Limburg wurde geteilt wie auch Luxemburg. Das niederländische Herzogtum Limburg war bis 1866 Teil des Deutschen Bundes („Von der Maas bis an die Memel“) und führte immer wieder zu politischen Problemen.
Im Ersten Weltkrieg blieben die Niederlande neutral, das warf ihnen das arg gebeutelte Belgien vor und verlangte in den Pariser Friedenskonferenzen 1919 als „Wiedergutmachung“ erfolglos die Abtretung des holländischen Teils von Limburg.
Die Besuchergruppe des Geschichtsvereins besuchte zuerst das Kasteel Amstenrade, dessen Ursprünge bis ins 13. Jh. zurückreichen. In seiner jetzigen neoklassizistischen Form stammt es aus dem ausgehenden 18. Jh. Die Schlossherrin Leila van Lidth de Jeude, Gräfin de Marchant et d’Ansembourg, führte durch das eindrucksvolle Gebäude, das sich seit 1788 im Familienbesitz befindet und nur nach Absprache besichtigt werden kann. Zum Schloss gehört ein wunderschöner Park, in dessen Entwicklung die Familie viel Energie steckt. Im Inneren findet man großzügig gestaltete Räume und Salons mit sorgfältig restauriertem Mobiliar aus verschieden Epochen. Tapeten und Wandbehänge zeigen französischen Einfluss, einzigartig ist ein mit Chinoiserien ausgestattetes Schlafzimmer.
Nächster Halt war Kasteel Hoensbroek, das zu den prächtigsten Wasserschlossanlagen in den Niederlanden gehört. Im Hochmittelalter als Rittersitz entstanden und nach und nach ausgebaut, wurde es im 17. Jh. vom Gelderner Erbmarschall Adriaan van Hoensbroek als standesgemäße Residenz mit prunkvoller Haupt- und geräumiger Vorburg neuerrichtet. Spätere Generationen, in spanischen Diensten reich und einflussreich geworden, modernisierten den Komplex. Besonders hervorzuheben sind Frans Arnold Marquis von Hoensbroek und seine Frau, die Reichsgräfin Anna Catharina von Schönborn und Mutter von 24 Kindern. Als blaue Dame ist sie in Gespenstergeschichten noch sehr lebendig.
Nach 1796 wurde das Schloss von der Familie Hoensbroek nicht mehr als Residenz genutzt und verfiel zusehends. Heute befindet es sich im Besitz der Stiftung „Ave Rex Christi“, die es von 1930-1943 sanieren ließ, und ist ein öffentliches Museum der Stadt Herleen.
Nach dem Mittagessen nahm die Gruppe an einer Führung durch die Abtei Rolduc teil, die als größte noch existierende Klosteranlage der Benelux-Staaten gilt. Gegründet im 12. Jh. und durch zahlreiche Stiftungen und Schenkungen gefördert, entwickelte sie sich im Mittelalter zu einem bedeutenden religiösen und kulturellen Zentrum der Region, einige Herzöge von Limburg ließen sich in der Klosterkirche bestatten. Besondere Bedeutung haben die „Annales Rodenses“ aus dem 12. Jh., fortgeführt im 17. Jh., eine wichtige Quelle nicht nur der Klostergeschichte, sondern auch ein Fundort vieler Erstnennungen von Orten im Rheinland.
Nach Zeiten des Niedergangs im Achtzigjährigen Krieg (1568-1648) folgte eine weitere Blütezeit im 17. und 18. Jh., schön früh hatten die Äbte die wirtschaftliche Bedeutung der Steinkohle erkannt, deren Förderung ihnen von ihrer Landesherrin, der Kaiserin Maria Theresia, erlaubt worden war. Die meisten erhaltenen Klostergebäude stammen aus dieser Zeit, darunter die berühmte Bibliothek im Moretti-Flügel. Heute ist die ehemalige Abtei Hotel, Tagungs- und Schulungszentrum, aber auch Priesterseminar des Bistums Roermond.
Zum Schluss empfing uns die Gräfin Clotilde de Liederkerke auf Kasteel Eijsden unmittelbar an der Maas, die hier die Grenze zwischen Holland und Belgien bildet. Das Schloss wurde 1636 erbaut und ist ein Musterbeispiel der Maasländischen Renaissance mit ihren typischen Fassaden aus Back-, Blau- und Mergelstein. Ebenfalls Wasserschloss mit prachtvollem und weitläufigem Park enthält es viele über die Jahrhunderte geschmackvoll eingerichtete Räume, die einen interessanten Einblick in die Lebensweise der damaligen niederländischen Oberschicht geben.
Privater Schlossbesitzer zu sein ist aber auch in Südlimburg nicht nur Segen, sondern auch mit erheblichen Belastungen verbunden. Trotz öffentlicher Förderung bleibt ein hoher finanzieller Eigenanteil für Instandhaltung und Modernisierung übrig, besonders zu schaffen machen auch die durch die Steinkohle-Förderung entstandenen Bergschäden.
Nach Kaffee und Kuchen in einem idyllisch gelegenen Café wurde das „Bonbönchen“ der Tagesfahrt serviert, ein Kurzbesuch in der Abtei St. Benediktusberg in der Gemeinde Vaals. Benediktinermönche waren vor dem Kulturkampf der Bismarckzeit in die Niederlande ausgewichen und hatten hier das Kloster Merkelbeek gegründet. Von hier aus wurde 1922 das Kloster St. Benediktusberg begonnen, geplant wurde der Komplex von dem Kirchen-Architekten Gottfried Böhm. Da in der Wirtschaftskrise 1923 die finanzielle Förderung ausblieb, konnte nur ein Teil der Anlage verwirklicht werden.
Mit der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg kam das Klosterleben zum Erliegen, eine Neubesiedlung erfolgte erst 1951, ab 1956 wurde nach Plänen von Hans van der Laan mit dem Weiterbau begonnen. Kreuzgang, Atrium, Mönchszellen und eine geräumige Kirche mit Oberkirche und Krypta, in Weiß und Grau-Blau gehalten, schaffen eine eher strenge und asketische Atmosphäre. Schmuckelemente erschließen sich erst auf den zweiten Blick, regen dann aber zur Besinnung an.
Wir danken auch unserem Mitglied Gloria Gräfin Hoensbroech für die Unterstützung bei der Vorbereitung der Exkursion in das nahe, aber dennoch so unbekannte Nachbarland.
Text: Harald Meißner Fotos : Dr. Anna Eiter-Rothkopf
Klicken Sie auf das erste Bild, und die Bildergalerie öffnet sich mit vergrößerten Abbildungen!
- BGV-Gruppe vor Kasteel Amstenrade
- Schlossherrin Leila Gräfin Marchant et d‘ Amsenbourg auf Kasteel Amstenrade
- Uralter Baumbestand im englischen Park von Kasteel Amstenrade
- Wasserschloss Hoensbroek
- Kostumführung durch das Wasserschloss Hoensbroek
- Schlossküche im Wasserschloss Hoensbroek
- Die Führerin zeigt die feinen Schuhe schonenden „Trippen“
- Tanzunterricht im Musikzimmer – Wasserschloss Hoensbroek
- Schlafzimmer mit Bettwärmer im Wasserschloss Hoensbroek
- Innenhof der Abtei Rolduc
- Führung in der Klosterbibliothek der Abtei Rolduc
- Besuchergruppe in der Bibliothek der Abtei Rolduc
- Vorsitzender mit mit Besuchern in der Klosterbibliothek
- Kreuzgang in der Abtei Rolduc
- Abteikirche Rolduc in Neoromanik
- Neoromanische Deckenmalerei in der Abteikirche
- Gruppe in der Apsis/Altarraum der Abteikirche
- Stiftergrab von Walram IV – Herzog von Limburg in der Abteikirche Rolduc
- Krypta der Abteikirche
- Zugang zum Innenhof von Kasteel Eijsden
- Empfang durch die Schlossführer – Kasteel Eijsen
- Verabschiedung der BGV-Gruppe vor Kasteel Eisjden
- Abtei Benediktusberg Vaals
- Abtei Benediktusberg Vaals – Innenraum der kargen Böhm-Architektur