Eines Mediziners wird in Oberberg auch ehrend durch Straßenschilder gedacht, es ist der Forscher, Arzt und Pathologe Rudolf Virchow (1821 – 1902) der auf vielen medizinischen Feldern Hervorragendes geleistet hat, so dass er gar nicht mehr als Arzt wahrgenommen wird, sondern eher als Anatom, Pathologe, Vorgeschichtsforscher, Medizinhistoriker, Sozialhygieniker, Politiker oder Freigeist, Museumsgründer. Und doch gehört zu einem werdenden Arzt aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts auch die Beschäftigung mit Seuchen und Epidemien. Dazu hat Virchow 1848 anlässlich der Flecktyphusepidemie unter den hungernden Webern Oberschlesiens Stellung genommen. Er sah in den elenden Lebensbedingungen den Grund für die Ausbreitung der Krankheit, die durch Läuse übertragen wird, weshalb sie auch viele Namen hatte wie Floh-Fieber, Lazarettfieber, was auch auf ihr Auftreten in Kriegszeiten hindeutet. Seine Wirkungsstätten waren Würzburg und Berlin, sein Rat war aber auch im Ausland gefragt. Zur Vermeidung der Seuchen hielt er viele hygienische Verbesserungen nötig, für die sich der Staat einsetzen sollte: Kanalisation, kontrollierte Schlachthöfe mit Trichinenschau, aber auch gesunde Bebauung, Spielplätze für die Kinder, Einrichtung kommunaler Krankenhäuser mit Pflegeschulen.
In Gummersbach und Waldbröl sind ihm Straßen gewidmet.
Unser Gang durch die Medizingeschichte in Coronazeiten hat gezeigt, dass sich in den letzten 200 Jahren in der Medizin viel getan hat. Pioniere, Praktiker und Forscher gab es auch in Oberberg. Die Anschauungen zu Seuchen und Epidemien haben sich erheblich gewandelt. Von der Auslösung durch schlechte Winde zur Entdeckung der Krankheitserreger, aber auch hin zu der Einsicht in die soziale Dimension der Seuchen, die politisches Handeln erfordern mit Verbesserung der Lebensbedingungen, Sicherung der Versorgung, Erziehung zu gesundem Verhalten, gesetzgeberische Maßnahmen zur Vorbeugung und Daseinsfürsorge. So konnte Virchow sagen: Politik ist nichts weiter als Medizin im Großen. Womit wir wieder in der Gegenwart wären. A.R.
Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf
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