Wallfahrer und Fuhrleute – Marienheide bietet viele Facetten

Am 8. Juli 2023 trafen sich 25 Mitglieder und Freunde des Bergischen Geschichtsvereins mit dem Müllenbacher Heimatforscher Wolfgang Gaudich in Marienheide, um hier Einblicke in die Geschichte und landeskundliche Bedeutung des Gemeindeortes zu gewinnen. Mit von der Partie war auch der Marienheider Bürgermeister Stefan Meisenberg, der schon seit vielen Jahren BGV-Mitglied ist und den Verein oft unterstützt hat.
Die Führung begann bei hochsommerlichen Temperaturen auf dem ehemaligen Bahngelände (P&R-Parkplatz) in Sichtweite der Klosterkirche Mariä Heimsuchung. Zwar haben Wallfahrten heute nicht mehr den gleichen Stellenwert wie im Mittelalter, aber in der Woche der Wallfahrtsoktav, die jedes Jahr im Juni/Juli stattfindet, war der Klosterbereich sehr belebt, Kirchenlieder und Weihrauchduft versetzten in eine Stimmung innerer Einkehr.
Marienheide blickt auf eine sechshundertjährige Geschichte zurück, das im 15. Jh. gegründete Dominikanerkloster war und blieb der Kern des Ortes, viele Gebäude des Konventes sind, teilweise in anderer Funktion und umgebaut, noch erhalten. Das vom Einsiedler Heinrich in Köln erworbene Marienbild lockte früh gläubige Pilger an, Kloster und Ort profitierten von Beköstigung und Unterbringung, aber auch von frommen Stiftungen.

Adam von Schwarzenberg – Landesherr im 17. Jahrhundert

Die märkischen Landesherren wussten die landwirtschaftlichen Kenntnisse der Mönche zu schätzen (s. die silbernen Rodehacken im Gemeindewappen), Adam von Schwarzenberg nutzte das Kloster für die Betreuung des Hospitals in Hülsenbusch.

Marienheide lag aber auch verkehrstechnisch sehr günstig am Schnittpunkt zweier bedeutender Fernstraßen. Die Heidenstraße war ein alter Heer- und Handelsweg von Köln nach Leipzig, der auch den Wohlstand der Orte förderte, die auf der Route lagen. Die Bergische Eisenstraße führte vom Siegerland ins Niederbergische und versorgte Orte wie Solingen mit Eisen. Metalle wurden auch in der Marienheider Gegend gefunden und gefördert, die Lagerstätten waren allerdings kleiner, Förderung und Verhüttung kämpften immer mit hohen Kosten und erlagen schließlich der Konkurrenz in den Nachbarregionen.
Große Bedeutung hatte dann für Marienheide der Anschluss an das sich im 19. Jh. entwickelnde Eisenbahnnetz. Zuvor war der Gütertransport nur mit Ochsengespannen möglich gewesen, teuer und langwierig auf schlechten und ausgefahrenen Wegen und nur für die zahlreichen Fuhrleute lukrativ. Erleichterung brachte erst der moderne Straßenbau in der preußischen Rheinprovinz, für den Massentransport von Rohstoffen und Fertigprodukten war aber die Bahn prädestiniert. Seit 1893 rückten für Marienheide das Rheinland und Westfalen näher, die Kleinbahn Marienheide-Engelskirchen erschloss das Leppetal mit seiner Eisenverarbeitung, Pulverproduktion und seinen Steinbrüchen. Auch die Menschen wurden mobiler, Arbeit und Arbeitssuchende fanden besser zusammen.
Das heutige Marienheide ist in gleicher Weise von Historie und Moderne geprägt. Viele innovative Firmen und Dienstleister sind im Ort ansässig. Bürgermeister Meisenberg sagte, dass zentrale Punkte die weitere Verbesserung der Ortskernattraktivität und die Förderung des Tourismus seien, Sommergäste kämen nicht nur mit dem Auto, sondern vermehrt auch mit Fahrrädern.

Abschluss am sanierten Ortszentrum

Am Ende des Ortsrundgangs wurde auf dem gleichnamigen Platz an Dr. Oscar Kayser erinnert, 1959 noch zu Lebzeiten zum Ehrenbürger der Gemeinde Marienheide ernannt. Kayser, Amtsrichter in Köln und nicht unvermögend, hatte immer wieder seinen Geburtsort unterstützt und ihm einen großen Teil seines Besitzes vermacht. Regelmäßige Zahlungen aus der Kayser-Stiftung helfen der örtlichen Seniorenarbeit noch heute.
Der Nachmittag klang in Rogers Restaurant an der Brucher-Talsperre bei Kaffee und Kuchen und noch vielen interessanten Gesprächen aus. Wolfgang Gaudich war es wieder einmal gelungen, das Interesse für seine Heimat zu wecken. Der BGV Oberberg freut sich auf eine weitere Zusammenarbeit.
An dieser Stelle verweise ich ergänzend auf den Vortrag von Prof. Dieter Scheler über „Marienheide 1417“, der im Bd. 12 unserer „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“ veröffentlicht wurde. Er ist für 8,00 € bei unserer Geschäftstelle Herrn Dieter Forst zu beziehen.
Text: Harald Meißner, Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf

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