Am 20. April 2024 trafen sich Mitglieder und Freunde des Bergischen Geschichtsvereins bei strahlendem Frühlingswetter zur Jahreshauptversammlung der Oberbergischen Abteilung im Bürgerdorf am Alsberg in Waldbröl. Der Verein feiert in diesem Jahr sein hundertjähriges Bestehen.
In einem einleitenden Begrüßungswort verwies die Waldbröler Bürgermeisterin Larissa Weber auf die Breitenwirkung, die von der Arbeit historischer Vereine ausgehen. Mit der Ausleuchtung der regionalen Vergangenheit durch zahlreiche Heimatforscher erhielten auch besonders die jüngeren Generationen eine stabile Basis für ihr Selbstverständnis in Gegenwart und Zukunft. Danach stellte sich Volker Wetzler vor, der nach seiner aktiven Zeit als Bundeswehr-Offizier seit einigen Jahren das Waldbröler Stadtarchiv betreut und dem BGV bei der Vorbereitung der Sitzung tatkräftig geholfen hat.
Der Vorsitzende Marcus Dräger eröffnete die Sitzung mit der Totenehrung der im Jahr 2023 verstorbenen Mitglieder. Hervorgehoben wurde dabei die Leistung des ehemaligen Gymnasiallehrers Kurt Hamburger aus Waldbröl, der nicht nur zahlreiche Exkursionen mitorganisiert und in vielen Aufsätzen die Heimatgeschichte in Waldbröl und Oberberg untersucht hat. Besondere Verdienste erwarb er sich bei Inhalt und Gestaltung des Internetauftritts des BGV. Heute hilft dieses Instrument wesentlich, auch Mitglieder, die nicht mehr persönlich an den Veranstaltungen teilnehmen können, über die Aktivitäten des Vereins umfassend und zeitnah zu informieren.
Gleichzeitig wurde des Nümbrechters Dieter Hüschemenger gedacht, der in seinem Heimatort die „Heimatklänge“ herausgab und auch eine Zeit lang dem Redaktionsteam des BGV angehörte.
Mit der Silbernen Ehrennadel für 25jährige Vereinszugehörigkeit im BGV Oberberg wurden fünf Mitglieder ausgezeichnet, darunter die Ärztin Dr. Helga Schmidt-Elmendorff und der Rechtsanwalt Martin Wölk.
In seinem Jahresbericht wies der Vorsitzende Marcus Dräger auf den Wechsel in der Leitung des BGV Gesamtvereins im letzten Jahr hin. Auf den Wipperfürther Verleger Thomas G. Halbach, in dessen Amtszeit die Herausgabe einer umfangreichen zweibändigen „Bergischen Geschichte“ und ein Projekt zur Erfassung und Aufarbeitung des BGV-Eigentums in bergischen Museen fiel, folgte der Kölner Historiker Prof. Dr. Wolfgang Hasberg.
Dräger berichtete auch vom zunehmenden Mitgliederschwund in allen Abteilungen des Bergischen Geschichtsvereins und den damit verbundenen rückläufigen Finanzmitteln. Um diese missliche Lage aufzufangen, müsste man eventuell mittelfristig über eine Beitragserhöhung und/oder eine Reduzierung der Aktivitäten nachdenken. In diesem Zusammenhang gab er auch zu bedenken, dass Geschenkmitgliedschaften für Verein, Schenker und Beschenkte gleichermaßen vorteilhaft seien.
Dräger erwähnte auch das umfangreiche Veranstaltungsprogramm, dass der BGV Oberberg im Jubiläumsjahr auf die Beine gestellt hat. Ein Highlight ist die fünftägige Fahrt nach Prag und Südböhmen auf den Spuren der Fürsten von Schwarzenberg, nur wenige Plätze sind noch frei.
Im Band 15 der Beiträge zur Oberbergischen Geschichte schreiben fünfzehn Heimatforscher über lokale Themen wie z. B. römische Münzfunde, Fuhrmannswesen im Mittelalter, die Baugeschichte von Schloss Homburg, die Geschichte des Apothekerwesens, Kriegsende 1945 und Wiederaufbau in der Nachkriegszeit. Einen Schwerpunkt bildet die nationalsozialistische Machtergreifung und ihre Folgen. Ursprünglich war geplant, aufgrund der hohen Kosten den Band an die Mitglieder zum Preis von 25,– € abzugeben. Da aber zwischenzeitlich nennenswerte Spenden und Fördermittel zugesagt wurden, wird wieder eine kostenlose Abgabe an die Mitglieder in Erwägung gezogen.
Zur Mitgliederentwicklung im BGV Oberberg konnte der 1. Schriftführer Harald Meißner berichten, dass der aktuelle Bestand bei 316 Personen liegt. Seit Jahren ist auch hier ein rückläufiger Trend erkennbar. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt bei 68 Jahren. In der Alterspyramide stellt die Gruppe der 60-80-Jährigen mit 50% den Löwenanteil. Jüngere Leute bis 40 Jahre tragen mit ca. 6% am wenigsten zum Bestand bei. Regional bilden die Gummersbacher mit 25% die größte Gruppe, gefolgt von Engelskirchen, Reichshof und Wiehl.
Der Schatzmeister Volker Lang konnte sich über einen soliden Kassenbestand freuen, der bei der Finanzierung des Vereinsjubiläums hochwillkommen ist. Kassenprüfer Hans Gries bestätigte die ordnungsgemäße Kassenführung und empfahl der Mitgliederversammlung die Entlastung von Vorstand und Beirat. Dies geschah einstimmig.
Vor der Neuwahl der Vorstands- und Beiratsmitglieder würdigte Dräger die Verdienste der ausscheidenden Personen. Dr. Uwe Bathe, der sich aus beruflichen Gründen nicht mehr zur Wiederwahl stellt, habe die Vereinsarbeit durch manche neuen Impulse (Kamingespräche, Treffpunkte Geschichte, Einbringung kunstgeschichtlicher Themenkreise usw.) bereichert. Zu seinem Nachfolger wurde Dr. Alexander Rothkopf gewählt, der durch seine bisherige langjährige Vorstandstätigkeit viel Erfahrung mitbringt. Im Amt bestätigt wurde der 1. Schriftführer Harald Meißner. Der aus Altergründen in den Beirat wechselnde Hans Gerd Menne, der mehr als ein Jahrzehnt als 2. Schriftführer fungierte, wird in diesem Amt durch die bisherige Beirätin Elisabeth Klinkert ersetzt, die seit ihrem Eintritt 2010 viele Vereinsaktivitäten mitgetragen hat.
Dräger dankte auch der bisherigen Beirätin Jutta Funke-Heuser, die wegen anderer Verpflichtungen nicht mehr zur Verfügung steht. Bestätigt wurden im Beirat Dieter Forst und Michael Herbstritt-Jungbluth. Neuzugänge sind der Informatiker Alexander Maier, der in seiner Freizeit für das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege als ehrenamtlicher Sondengänger tätig ist und schon manches Relikt aus vergangener Zeit gefunden hat, und Sören von Delft, der an der Universität Bonn Geschichte und Englisch studiert hat und dort als Wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitet.
Alle Wahlen erfolgten einstimmig bei eigener Enthaltung. Auch die Kassenprüfer Hans Gries und Christa Forst wurden wiedergewählt.
Im Ausblick regte Dräger an, den 300. Geburtstag des bergischen Landesherr Karl Theodor von Pfalz-Neuburg als Anlass einer Mehrtages-Exkursion nach Mannheim und Schwetzingen zu nehmen.
Unter Verschiedenes schlug Mitglied Dieter Rath vor, für die Geschenkmitgliedschaften eine repräsentative Karte bereitzustellen.
Prof. Dr. C. A. Lückerath, gebürtiger Mucher, regte die Bildung einer BGV-Abteilung im Rhein-Sieg-Kreis (Siegburg, Much, Troisdorf u.a.) an. Dafür zuständig ist zwar der Gesamtverein, Dräger sagte aber die Unterstützung der Oberbergischen Abteilung zu.
Die Veranstaltung klang aus mit einem Vortrag von Dr. Wolfgang Rosen vom Bonner LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte über „Waldbröl im Rheinischen Städteatlas“. In einen großangelegten 1972 gestarteten Projekt sollen 187 Städte in Nordrhein und im nördlichen Rheinland-Pfalz in großformatigen Atlanten mit Text- und Kartenteil vorgestellt werden. Berücksichtigt werden Orte, die bis 1961 das Stadtrecht erhalten haben, aber auch solche, die nach der Französischen Revolution ihr Stadtrecht verloren und nicht wiedererlangt haben. Alle Städteprofile werden nach einheitlichem Muster erstellt (u.a. Siedlungs-, Verwaltungs-, Religions- und Kulturgeschichte, Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur), der Kartenteil orientiert sich am Urkataster, der Deutschen Grundkarte, der Preußischen Ur- und Neuaufnahme und an aktuellen Luftaufnahmen.
Der Waldbröl-Atlas soll 2025 erscheinen. Weitere erschienene oder geplante Atlanten von oberbergischen Orten sind: Bergneustadt (1976), Eckenhagen, Gummersbach, Hückeswagen, Radevormwald und Wipperfürth.
In seinem einstündigen Vortrag stellte Rosen Episoden aus der Kirchen- und Religionsgeschichte nach dem Siegburger Vergleich 1604, den alten Kreis Waldbröl mit seinen eindrucksvollen Amtsgebäuden, aber auch die Pläne der Nationalsozialisten, die Waldbröl mit der Adolf-Hitler-Schule und dem Volkstrakorenwerk zu einer Musterstadt machen wollten, und den noch heute in anderer Form existierenden Vieh- und Krammarkt vor. Eindrucksvoll war auch die topographische Darstellung des Nutscheid-Höhenweges. Alte Industrien wie Lederverarbeitung und Lebensmittelproduktion, die heute fast vergessen sind, und die damalige Bedeutung Waldbröls als Eisenbahnknotenpunkt kamen zur Sprache. Erinnert wurde auch an die Bildungsaktivitäten von Pastor Hollenberg und der Winterschulen, medizinische Einrichtungen (z.B. Heil- und Pflegeanstalt, Kreiskrankenhaus) und herausragende Ärzte (Sanitätsrat Venn). Waldbröl wurde erstmals 1131 als Walprugele urkundlich erwähnt und entwickelte im Laufe der Geschichte zahlreiche Namensvarianten.
Die Bände des Rheinischen Städteatlas sind erschwinglich, sie kosten zwischen 25 und 35 €, auch an eine Digitalisierung wird gedacht.
Der BGV Oberberg dankt der Stadt Waldbröl und der Bürgermeisterin Larissa Weber für die gute Zusammenarbeit.
Text : Harald Meißner Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf (Die Aufnahmen aus dem Vortrag sind mit freundlicher Erlaubnis von Dr. W. Rosen/LVR)
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