Max Morsches ist ein bergisches Urgestein. Der ehemalige Mathematiklehrer und begeisterte Hobbysportler, seine besondere Vorliebe gilt dem Rhönrad, ist besonders durch seine vielfältigen Forschungen in der Heimatgeschichte bekannt geworden. In unermüdlicher Arbeit setzte und setzt er ein facettenreiches Bild seiner Heimatstadt Bergisch Gladbach zusammen. Lange war er Vorsitzender der Abt. Rhein-Berg im Bergischen Geschichtsverein, 2006 erhielt er für seine heimatgeschichtlichen Verdienste den Rheinlandtaler, außerdem später die silberne und goldene Ehrennadel der Stadt Bergisch Gladbach. Sein profundes Wissen teilte er in zahlreichen Veröffentlichungen.
Der Spaziergang durch das alte Bensberg begann am Technischen Rathaus oder dem Alten Schloss. Hier ist die Keimzelle des Ortes, schon in der Stauferzeit gab es hier eine Burg, die den Ausbau der Landesherrschaft der Grafen von Berg nach Süden und in den Kölner Raum absichern sollte. Immer wieder ausgebaut, diente sie seit dem 14. Jh. als Verwaltungssitz des Bergischen Amtes Porz, ihr Verteidigungscharakter wich allmählich der standesgemäßen Repräsentation, 1369 fand hier eine prachtvolle Fürstenhochzeit statt.
Im Umfeld der Burg und unter ihrem Schutz entwickelte sich als Bensberger Freiheit eine kleine Siedlung mit Handwerkern, Bauern, Händlern und Bediensteten. Steuerprivilegien halfen beim Aufblühen des Ortes. Das Alte Schloss, nicht nur von einer Ringmauer, sondern auch teilweise von einem Wassergraben umgeben, wurde mehrfach erweitert. Nach dem Dreissigjährigen Krieg verlor es allmählich seine Bedeutung als Stütze der Bergischen Herrschaft und verfiel zusehends.
Der Bau des Neuen Schlosses durch den Kurfürsten Johann Wilhelm II. im 18. Jh. lief der Burg endgültig den Rang ab. 1815 fiel sie an Preußen, danach an private Besitzer. 1859 kaufte der Bensberger Pfarrer Leopold von Spee das heruntergekommene Gemäuer und baute es zum Ordenskrankenhaus „Maria Hilf“ um, das im 20. Jh. durch das Vinzenz-Pallotti-Krankenhaus ersetzt wurde.
Der Umschwung für die Burg kam 1962. Das mittlerweile Stadt gewordene Bensberg brauchte ein geeignetes Rathaus. Der Burgkomplex eignete sich vorzüglich. Den Zuschlag erhielt das Büro des renommierten Architekten Gottlieb Böhm, auch weil es ihm in seinem Entwurf gelungen war, Tradition und Moderne miteinander zu versöhnen. Bruchsteine und Sichtbeton nebeneinander ergeben einen seltsamen Reiz, die alte Bausubstanz des Mittelalters tritt wieder hervor, Engelbertturm, Bergfried und der moderne Rathausturm mit großen Schaufensterzeilen bilden einen sehr belebenden Dreiklang. Die Grafenburg wurde zur Burg der Bürger.
Gekonnt restauriert wurde auch die Häuserzeile am Burggraben mit dem liebevoll eingerichteten Heimatmuseum, das auch die Industriegeschichte des Ortes beleuchtet. Einbezogen in das Ensemble ist das aus dem 15. Jh. erhaltene Türmchenhaus, das erst als Adelssitz, dann als Amtshaus mit Ratssaal und Gefängnis diente. Heute steht in ihm ein prächtiges Modell des Neuen Schlosses, dessen wechselvolle Geschichte von der unvollendeten Kurfürstenresidenz über die preußische Kadettenanstalt und die nationalsozialistische Napola bis zum heutigen Grandhotel reicht, was Herr Morsches an dieser Stelle skizzierte. Eine ausgediente Grubenbahn vor dem Museum erinnert an den Erzbergbau im Bensberger Revier, der über Jahrhunderte den Menschen in der Region Arbeit und Brot gab.
Viele Fachwerk- und Schieferhäuser verbreiten Charme und Flair vergangener Zeiten, etwas gestört allerdings von vielen Parkplätzen am Schloss und dem entsprechenden Autoverkehr. Hervorzuheben sind das Herwegshaus, das im 19. Jh. der Kölner Patrizierfamilie gehörte, das Alte Kaffeehaus, ursprünglich für Schlossangestellte, heute als Gasthaus Wermelskirchen überregional bekannt. Sehenswert ist auch der wirklich beschauliche Malerwinkel am Alten Schloss und das Goethehaus, in dem der Dichterfürst bei seinem Besuch 1774 abgestiegen war. In den höchsten Tönen lobte er die damals noch fast vollständig vorhandenen Stuckarbeiten im Neuen Schloss.
Der Nachmittag am 15. Juni 2024 in Bensberg hat bei den über 20 Teilnehmern der Besuchergruppe sicher Lust auf mehr ausgelöst. Wir haben sehr viele interessante Details über ein Kleinod im Nachbarkreis erfahren, die in anschließenden Gesprächen beim Italiener noch vertieft werden konnten.
Text: Harald Meißner, Fotos: Dr.Anna Eiter-Rothkopf
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