Fürstenglanz und Erfindergeist – der BGV Oberberg auf Entdeckungsreise in der Kurpfalz

Vom 14. bis zum 16. März 2025 unternahm der der BGV Oberberg mit 31 Mitgliedern und Gästen eine dreitägige Exkursion in die Kurpfalz. Auslöser war der 300. Geburtstag des auch im Bergischen durchaus noch präsenten Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz (1724-1799). Ursprünglich aus einer eher unbedeutenden Nebenlinie des Hauses Wittelsbach stammend, kam er aufgrund der Erbfolge-Regelungen der Dynastie zu einem beträchtlichen Herrschaftsgebiet, sein Zeitgenosse König Friedrich II. von Preußen nannte den „Regenten der sieben Länder“ ein „Glücksschwein“: Darin den Habsburgern ähnlich, stieg er ohne verheerende Kriege zu einem der wichtigsten Reichsfürsten auf. Carl Theodor war ein Europäer, seine Mutter war Französin, er wurde im heutigen Belgien geboren und verbrachte hier nach dem frühen Tod seiner Mutter einen Teil seiner Kindheit. Mit vier Jahren erbte er das Marquisat Bergen op Zoom, 1733 starb sein Vater, der Herzog von Pfalz-Sulzbach, Carl Theodor wurde auch sein Erbe.
In Mannheim residierte als Herrscher der Kurpfalz Kurfürst Carl III. Philipp von Pfalz-Neuburg, er war der Nachfolger seines 1716 verstorbenen Bruders Johann Wilhelm, im Bergischen als Jan Wellem bekannt. Als 1734 absehbar war, dass der jetzt 73-jährige Landesvater keine direkten männlichen Erben haben würde, kam Carl Theodor als nächster männlicher Verwandter ins Rampenlicht der Geschichte. Er wurde am kurpfälzischen Hof erzogen und, um die familiären Bande zu festigen, mit Carl Philipps Enkelin Elisabeth Auguste verheiratet. Die Ehe war unglücklich und blieb kinderlos, die Charaktere waren zu verschieden. Carl Theodor fand Ersatz in außerehelichen Beziehungen, aus denen acht (nicht nachfolgeberechtigte) Kinder hervorgingen.
1742 starb Carl Philipp und Carl Theodor wurde jetzt Herzog von Pfalz-Neuburg, Herzog von Berg und Jülich und Kurfürst von der Pfalz. Seine Residenz blieb Mannheim, das er zum politischen und kulturellen Zentrum seiner Lande ausbaute. Sein Reich war kein zusammenhängendes Gebiet, die Verfassung der einzelnen Landesteile im Süden und Westen Deutschlands erlaubte nur sehr bedingt eine zentrale Verwaltung. Besonders die bergischen Herzogtümer wurden durch die Mitbestimmung des Adels geprägt und forderten eine weitgehende Selbstverwaltung ein, schwierig für einen absolutistischen, wenn auch aufgeklärten Landesherrn. Trotzdem besuchte Carl Theodor in seiner Regierungszeit viermal seine bergischen Länder, 1755/56 sogar für fast ein Jahr. Die Hauptstadt Düsseldorf erfuhr wichtige Baumaßnahmen (Stadtschloss, Hofgarten, Stadtteil Carlstadt, die Schlösser Benrath und Jägerhof). Auch die Wirtschaft (z.B. Textilindustrie) wurde tatkräftig gefördert.
Mannheim war 1606/07 als Festungsstadt zwischen der Neckarmündung und dem Rhein entstanden, um die Kurpfalz vor fremden Mächten zu schützen. Dabei kam modernste niederländische Stadtplanung zur Anwendung, Mannheim im Quadrat entstand, die Straßen verliefen rechtwinklig zueinander, Schloss und Oberstadt mit vielen Adelspalästen beherbergten eher die Oberschicht, jenseits der „Planken“ wohnte das Bürgertum und an der Stadtmauer die ärmeren Leute.

Beginn der ersten Stadtführung

Mannheim war Residenzstadt und diente der Repräsentation und Regierung. Ministerien und Zentralbehörden entwickelten sich erst allmählich, das Sagen hatte der Kurfürst, von ihm ausgewählte Ratgeber aus dem Hochadel setzten die politischen Entscheidungen um. Wie in Frankreich suchte auch in der Pfalz der Adel die Nähe des Hofes, das Mannheimer Schloss wurde zu einem deutschen Versailles. Diese Konzentration kam auch der Landwirtschaft und besonders dem Gewerbe zugute, waren hier doch riesige Vermögen für Investitionen versammelt. Der verschwenderische Hof brauchte wertvolle Stoffe und Kleidung, Perücken, Genussmittel (u.a. Wein und Tabak), die Porzellanmanufaktur in Frankenthal lieferte erlesene Dekoration, Bauhandwerker und Künstler hatten immer viel zu tun.
Gleichzeitig wurden mit der Gründung der Mannheimer Akademie, der Zeichenschule, der kurfürstlichen Kunstsammlungen, der für die zeitgenössische Musik revolutionären Mannheimer Schule und des Nationaltheaters Kunst und Wissenschaft nachhaltig gefördert.
1777 starb der bayerische Kurfürst Max III. Joseph, Carl Theodor war auch hier als Erbe vorgesehen und musste, wie im Wittelsbacher Hausvertrag bestimmt, ins ungeliebte München umziehen, Hof und Künstler folgten, ein schwerer Schlag für Mannheim und seine Wirtschaft. Carl Theodor starb 1799 kinderlos, das Haus Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld beerbte ihn und stellte bis 1918 die bayerischen Könige.
Die rechtsrheinische Kurpfalz mit Mannheim und Heidelberg fiel unter Napoleon an das Großherzogtum Baden, die linksrheinischen Gebieten wurden nach dem Wiener Kongress bayerisch. Das Badenser Herrscherhaus war sehr an der Entwicklung von Wirtschaft und Handel in Mannheim interessiert, war der Ort doch vor der Rheinbegradigung schon immer ein wichtiger Warenumschlagsort gewesen. Es wurde ein großer Binnenhafen und eine wichtige Eisenbahnlinie nach Basel gebaut. Heute hat Mannheim nicht nur den zweitgrößten deutschen Binnenhafen mit hochmodernem Containerterminal, sondern auch einen der bedeutendsten deutschen Verschiebebahnhöfe. Im Hafenviertel produzieren 500 Unternehmen mit 20.000 Arbeitsplätzen, auch viele Start-ups. Im Stadtteil Jungbusch, früher Rotlichtviertel und No-go-Area, sieht man viele kulturelle Impulse, hier hat auch die Pop-Akademie ihren Sitz.

Wasserturm

Das Wachstum der Stadt zeigte sich auch im 19. Jh. an ihren Bauten. Ein Wahrzeichen der Stadt ist der Wasserturm, sandsteinverkleidet und mit aufwändigen Skulpturen geschmückt. Er bildet mit den Wasserspielen am Friedrichplatz, dem Rosengarten und der Kunsthalle ein eindrucksvolles Jugendstilensemble. Bedeutend ist auch die Museenlandschaft in Mannheim. Carl Reiss, einflussreicher Kaufmann und Firmengründer, und Curt Engelhorn, Mitbegründer der BASF, gaben das Startkapital für die Reiss-Engelhorn-Museen (Zeughaus, Weltkulturen usw.). Im Zeughaus hat die BGV-Gruppe die noch bis Ende Mai laufende Ausstellung zum 300. Geburtstag von Carl Theodor („Ein Kurfürst auf Zukunftskurs“) besucht.
Es verwundert nicht, dass Mannheim von der baden-württembergischen Landesregierung als Sitz des Landesmuseums für Technik und Arbeit (seit 2010: Technoseum) gewählt wurde, um die Entwicklung von Technik und Innovation in allen Industriesparten vom Fahrrad bis zum Automobil und der Eisenbahn, von medizinischen Geräten bis zur Ton- und Aufnahmetechnik usw. darzustellen. Besonders das Interesse jüngerer Besucher soll mit Experimenten und viel Anschauungsmaterial geweckt werden.
Ein Kontrast zu dieser Welt war der Besuch in der Loreto-Kapelle der Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt in Ludwigshafen-Oggersheim. Die 1729 erbaute Kapelle mit den Maßen des Heiligen Hauses in Nazareth, das der Legende nach Engel vor dem Vorrücken des Islam ins italienische Loreto gerettet haben sollen, beherbergt eine Marienstatue, die als Patronin der Kurpfalz verehrt wurde und wird. 1775 ließ die in Schloss Oggersheim lebende Kurfürstin die Kapelle mit einer Wallfahrtskirche überbauen. 2022 wurde die Kirche durch ein Feuer stark beschädigt.

Schlosspark noch im Winterschlaf

Am letzten Tag stand ein Besuch des Schwetzinger Schlosses auf dem Programm. Die Sommerresidenz war bis zum Umzug nach München in der warmen Jahreszeit Mittelpunkt rauschender Feste und Lustbarkeiten. Jagden, Hofkonzerte und Opernaufführungen fanden hier statt. Man pflegte das „einfache“ Leben auf dem Lande. Besonders der riesige Park mit seinem Blumenmeer (nicht im März!) ist auch heute noch eine Attraktion.

Ein Besuch im Dr. Carl Benz-Museum in Ladenburg bildete den offiziellen Abschluss der Reise. Es wurde nicht nur das wechselvolle Leben des Erfinders des ersten Automobils geschildert, sondern auch viele Exponate aus der Entstehungsgeschichte gezeigt. Das Museum verfügt über eine ansehnliche Sammlung von Oldtimern, die auch Staatskarossen aus der frühen Bundesrepublik umfasst. Auffällig hier das „Göttinger Ei“, ein windschnittiges Experimentalauto der 1940er Jahre.

St. Laurentius in Weinheim mit dem Grabmal Friedrichs v. Schwarzenberg

Auf der Rückfahrt kehrte die Reisegruppe noch in Weinheim ein. Hier verbrachte die Kurfürstin Elisabeth Auguste ihre letzten Lebensjahre. In der Laurentiuskirche befindet sich aber auch das sehenswerte Grabmal des Fürsten Friedrich Johann Nepomuk zu Schwarzenberg, der 1795 bei der Erstürmung Mannheims schwer verwundet wurde und in Weinheim verstarb. Das Marmorgrabmal entstand 1804/05 und wurde von Fürst Joseph II. von Schwarzenberg, dem Bruder des Verstorbenen, gestiftet.
Auch Stephanie de Beauharnais, verwitwete Großherzogin von Baden, die nach dem Tod Ihres Mannes Karl von Baden1817 mehr als vier Jahrzehnte im Mannheimer Schloss residierte und dem Ort etwas von seinem alten Glanz zurückgab, besuchte Weinheim regelmäßig, das für sein mildes Klima bekannt ist.

Text: Harald Meißner, Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf

Museumsinformationen:

https://www.rem-mannheim.de/veranstaltung/carl-theodor-hautnah/

https://www.automuseum-ladenburg.de/
https://www.technoseum.de/

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