Am 25. August 2022 hatte der BGV Oberberg zur Kirchenbesichtigung St. Engelbert in Köln-Riehl geladen. Dabei führte die versammelten Mitglieder und Gäste Dr. Daniel Buggert unter dem Titel „Reformkirchen der 20er/30er Jahre“. Dieses Thema und Ziel waren schon vor längerer Zeit ausgesucht worden, da die Architektenfamilie Böhm auch im Oberbergischen moderne Kirchenbauten hinterlassen hat, die wir schon bei früheren Besuchen kennengelernt hatten: Lindlar-Frielingsdorf, Wipperfürth-Hämmern.
Natürlich interessierte die Oberberger auch die Geschichte des namengebenden Kirchenpatrons Engelbert (1185 – 1225), der als Graf von Berg und Erzbischof von Köln eine herausragende historische Gestalt des Mittelalters darstellt – Kanzler des Reiches, Prinzenerzieher, letzter Spross der altbergischen Familie.
Zuerst zur Architektur: Dominikus Böhm konzipierte 1930 entgegen dem historisierenden Zeitgeist, der sich seine Vorbilder im Kirchenbau in romanischen Langhäusern suchte, einen Zentralkuppelbau, dessen Seitenwände das Betongerippe mit parabelartigen Ziegelwänden füllen.
Klarheit und Strenge bestimmen das Innere mit seinen weißen Wänden, lassen ganz die Architektur sprechen. Ein großes helles Fenster beleuchtet den Altar von der linken Seite, der nach der Liturgie-Reform noch mehr in die Mitte zur Gemeinde gerückt ist. Wenige Kultgegenstände sind so diskret verteilt, dass sie nie vom überwältigenden Raumeindruck ablenken.
Der spöttische Kölner Volksmund hat für den außergewöhnlichen Bau den Namen „Zitronenpresse“ erfunden. Hier hat 1946 Kardinal Frings von der schlichten Kanzel auch jene bekannte Predigt gehalten, bei der er den Mundraub in bitterster Not der Nachkriegszeit sanktionierte, was dieser Tätigkeit die Bezeichnung „Fringsen“ einbrachte.
Das moderne Gotteshaus – 1932 vollendet – hatte aber auch schon vorausschauend viele Aspekte des Gemeindelebens im Blick, die ebenfalls architektonisch noch Platz fanden: Raum für Kindergarten, Pfarrbücherei, Wohnung für Pfarrer und Kaplan, im Untergeschoss auch Theatersaal und/oder Gesellschaftsräume. In der Zeit des 2. Weltkriegs waren im Untergeschoss auch Räume zu Luftschutzbunkern umfunktioniert bzw. verstärkt worden.
Neben dem kühnen Gerüst aus Spannbeton, das seinerzeit Beachtung bis in die USA fand, wurde auch auf die lebendige Ziegelvariation der Außen-Fassaden hingewiesen, die in lebhaftem Farbspiel die Wände ziert und von individueller Fabrikation zeugt. St. Engelbert begegnete den Besuchern in Form hölzerner Schnitzfiguren, kenntlich an Bischofsstab und Schwert, aber auch in Kupfertafeln des Portals.
Die Würdigung Engelberts hatte in den 20er Jahren einen besonderen Schub erfahren, da 1925 einmal die 1000-Jahrfeier der Rheinlande als nationales Fest der Weimarer Republik stattgefunden hatte, zum anderen das 700-jährige Gedächtnis an Engelberts Tod im katholischen Rheinland gefeiert wurde. Auch ohne allgemeine Kanonisierung war der streitbare Bischof und Landesherr zur Ehre der Altäre gekommen, zumal der Mönch Caesarius von Heisterbach seinen Herrn über alle Maßen lobte und sich an seinem Grab die Heil-Wunder häuften. A.R.
Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf
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