Tag des offenen Denkmals 2023 – Besuch des BGV Oberberg in der Denklinger Burg

An jedem zweiten Sonntag im September findet seit genau 30 Jahren der Tag des offenen Denkmals statt. In diesem Jahr stand das Kulturevent unter dem Motto „Talent – Monument“, 6.000 Denkmäler standen am 10.09.2023 in ganz Deutschland zur Besichtigung bereit.
Das Ziel der BGV-Exkursion war in der Gemeinde Reichshof die Burg in Denklingen, die auf eine sechshundertjährige Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen zurückblicken kann. Die Veranstaltung fand statt in Kooperation mit dem Heimat- und Verschönerungsverein Denklingen, der den Gebäudekomplex betreut und für eine sinnvolle Nutzung sorgt. Auch die Gemeinde Reichshof, deren Rathaus sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet, hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Burgbezirk zu einem attraktiven Hingucker im Ortsbild geworden ist.

Burghaus Denklingen

In seiner Begrüßung wies der stellvertretende Bürgermeister René Kauffmann darauf hin, dass die Burg als Monument auch heute noch sehr viele Talente zu bieten habe, deren Attraktivität Einwohner und Besucher gleichermaßen zu schätzen wüssten. Regelmäßig fänden hier nicht nur Kulturveranstaltungen statt, Innenräume und Freiflächen böten auch eine attraktive Plattform für Kunsthandwerkermärkte.
Die beiden Vorsitzenden des BGV Oberberg, Marcus Dräger und Dr. Uwe Bathe, und der Ehrenvorsitzende Dr. Alexander Rothkopf verknüpften den baulichen Werdegang des Ensembles mit der über die Jahrhunderte sehr wechselhaften politischen Geschichte der Region. Die Burg wurde 1404 erstmals erwähnt, sie lag im Grenzgebiet des Herzogtums Berg und der Grafschaft Sayn, ihr Besitz war zwischen den beiden Kontrahenten umstritten, schließlich setzte sich Berg durch. Burg und Freiheit Denklingen wurden dem Bergischen Amt Windeck zugeschlagen, als Sitz des Amtmannes und Rentmeisters wurde das „feste Haus“ zur mit Wall, Graben und Mauer befestigten Wasserburg ausgebaut, die nicht nur repräsentativ den Herrschaftsanspruch des Landesherrn unterstreichen sollte, sondern auch eine Schutzfunktion für die Gruben und Fernstraßen im Eckenhagener Raum besaß.
Probleme gab es immer wieder mit der – sicher kostspieligen – Instandhaltung der Burg. Da das Amt von der Burg Windeck aus verwaltet wurde, hier stellte das Haus Nesselrode jahrhundertlang die Amtmänner, war Denklingen nur eine Nebenstelle, von den Räten in der Hauptstadt Düsseldorf kaum wahrgenommen. Zugbrücke und Teile des Gemäuers verfielen.
Das änderte sich erst ab dem ausgehenden 16. Jh., die Gebäude wurden von Grund auf renoviert und ausgebaut, davon kündet noch eine Inschrift auf der Fassade. Diese Erneuerung steht aber wohl auch in Zusammenhang mit den in dieser Zeit zunehmenden Grenzstreitigkeiten mit der saynischen Herrschaft Homburg, die Berg aggressiv mit Überfällen und Übergriffen unter Druck setzte. Langwierige Auseinandersetzungen vor dem Reichskammergericht in Wetzlar brachten keine Lösung. Erst der Siegburger Vergleich von 1604 schuf Frieden – auf Kosten Homburgs, das große Teile seines Territoriums (Waldbröl, Morsbach) an Berg verlor. 1605 musste der Adel aus den annektierten Gebieten dem neuen Landesherrn in Denklingen huldigen.

Burgtor – ehemaliges Gefängnis

Die Wirren des Dreissigjährigen Krieges machten auch vor dem Bergischen Amt Windeck und seiner Burg an der Sieg nicht halt. Besatzungen durch hessische, schwedische und kaiserliche Truppen hinterließen ihre Spuren, 1672 wurde die Burg von den Franzosen zerstört, die Verwaltung und Gerichtsbarkeit des Amtes zog nach Denklingen um. Im 1698 neugebauten Torhaus entstanden Zellen für die Delinquenten. Vom Efeu befreit, ist das Gebäude jetzt wieder in seinem ursprünglichen Zustand zu besichtigen.

Inschrift am Türsturz entschlüsselt

Eine heute nur noch teilweise zu entziffernde Inschrift aus dem Jahr 1778 verweist auf eine weitere Instandsetzung unter dem Kurfürsten Karl Theodor, dem „Herrn der sieben Länder“. Obwohl dessen Lebensmittelpunkte eher in der Pfalz (Mannheim) und in Bayern (München) lagen, war er aber auch seiner Herrschaft Jülich-Berg eng verbunden (Bau von Schloss Benrath). Der Bergische Geschichtsverein plädiert dafür, dass auch vor dem Hintergrund des bevorstehenden 300. Geburtstags des Landesfürsten die Inschrift wiederhergestellt wird.
Am Ende des Besuches stand eine Führung in der heute evangelischen St. Antonius-Kapelle. Möglicherweise stand hier schon im Mittelalter eine Burgkapelle, wesentliche Teile des heutigen Aussehens gehen auf das 17. Und 18. Jh. zurück. Die Kapelle gilt als Keimzelle der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde in Denklingen, die erst im ausgehenden 19. Jh. ihre eigenen Pfarrkirchen bekamen. Immer wieder Zankapfel zwischen den Konfessionen, war sie aber über viele Jahre Simultankirche. Wie bei Simultankirchen leider oft üblich, fühlte sich keine Partei wirklich für die Instandhaltung des Gebäudes zuständig. Der Zustand verschlechterte sich soweit, dass die ev. Kirchengemeinde, mittlerweile Alleinbesitzerin und seit 1903 Eigentümerin einer eigenen Pfarrkirche, 1904 den Abbruch beschloss.

Antonius-Kapelle mit ungewöhnlichem Zwiebelturm

Mittlerweile hatte sich aber das Verhältnis zur Heimatgeschichte und zu den überlieferten Baudenkmälern auch in Denklingen soweit entwickelt, dass es zu erheblichen Widerständen in der Bürgerschaft gegen die Abrisspläne kam. Hier zeichnete sich besonders der 1904 gegründete Heimatverein aus, der Plan wurde schließlich aufgegeben.
Aber auch die Zwischenkriegsverwendungen waren nicht von langer Dauer: Das vom Kreis Waldbröl eingerichtete Heimatmuseum verlagerte sich nach Schloss Homburg, die von den Nationalsozialisten geplante Ehrenhalle konnte mit knapper Not verhindert werden.
Erst in den 1950er Jahren dachte man über eine denkmalgerechte Sanierung nach. Der Bau hatte schon immer am hohen Grundwasserspiegel und der Nähe des Mühlenteiches gelitten, das feuchtkalte Raumklima hatte große Teile der Bausubstanz und der Einrichtung angegriffen, die Orgel musste komplett erneuert werden. Die Erhaltungsmaßnahmen zogen sich bis in die 1960er Jahre hin.
Insgesamt verlangen Denkmäler, wie die alte Burg in Denklingen mit ihren Nebenbauten, immer wieder umfangreiche Erhaltungsmaßnahmen. Die Bereitschaft dazu wird es in der Bevölkerung nur geben, wenn verstanden wird, dass auch heute noch ein praktischer Nutzen mit den alten Gebäuden verbunden ist, und andererseits der Wunsch vorhanden ist, den Geist früherer Zeiten hier im Originalmaßstab ganz bewusst zu erleben und an zukünftige Generationen weiterzugeben.
Wir danken Frau Sina Klein-Schlegel, der Vorsitzenden des Heimat- und Verschönerungsvereins Denklingen, für die Gastfreundschaft und den Zugang zu einem bemerkenswerten Monument, das seine Strahlkraft noch lange nicht verloren hat. Auch Wolfgang Püschel von der Bauverwaltung der Gemeinde Reichshof konnte der Gruppe manches interessante Detail aus Geschichte und Gegenwart dieses lebendigen Denkmals mit auf den Weg geben.

https://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=2867
https://www.ev-kirche-denklingen.de/wp-content/uploads/2021/12/6.a-Die-Geschichte-der-Denklinger-Kapelle.pdf

Text: Harald Meißner, Fotos: Dr. Anna Eiter-Rothkopf

Klicken Sie auf das erste Bild, und die Bildergalerie öffnet sich mit vergrößerten Abbildungen!